Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

88 „Erster Teil. Erstes Buch. 8 26. 
S 26. 
Durch die Errichtung des Reichskammergerichts war die 
persönliche Jurisdiktion des Kaisers nicht vollständig aufgehoben, 
vielmehr in bezug auf einzelne Angelegenheiten, namentlich die 
Aberkennung von Fürstentümern und Grafschaften, ausdrücklich 
behalten worden!. Am 18. Dezember 1497 errichtete Maximilian 1. 
ein Hofratskollegium?, das im Jahre 1498 in Wirksamkeit 
trat und die Aufgabe hatte, ihn in Ausübung seiner Regierungs- 
geschäfte zu unterstützen. Dasselbe fungierte als allgemeine 
Regierungsbehörde für Reich und Erblande; es hatte sowohl Ver- 
waltungsgeschäfte zu erledigen als Gerichtsbarkeit zu üben. Ins- 
besondere sollte es den König bei Ausübung seiner persönlichen 
Gerichtsbarkeit unterstützen und so ein Gegengewicht gegen das 
Reichskammergericht bilden. Zu einer festen Gestaltung des Hof- 
rates ist es aber während der Regierung Maximilians nicht ge- 
kommen. Im Jahre 1527 wurde der Hofrat von Ferdinand I. 
wieder hergestellt. Die Behörde war zunächst für die Erblande 
bestimmt, Reichsangelegenheiten wurden in derselben nur so weit 
bearbeitet, als Ferdinand in Vertretung seines Bruders Karl V. 
tätig war. Wenn der Kaiser selbst in die Reichsrwgierung ein- 
griff, beriet er die zu erledigenden Geschäfte mit Hofräten, welche 
er zu diesem Zwecke heranzog, ohne daß dieselben ein förmliches 
Kollegium bildeten. Die Bearbeitung der deutschen Angelegen- 
heiten durch spanische Räte gab zu Beschwerden der protestan- 
tischen Stände Veranlassung, deren Abstellung im Passauer Ver- 
trage zugesagt wurde®. Unter Ferdinand I. fand im Jahre 1559 
eine Reorganisation des Hofrates statt, der nunmehr eine ständige 
Behörde wurde. Zunächst fungierte er noch für Reich und Erb- 
lande. Im siebzehnten Jahrhundert nahm er den Charakter einer 
reinen Reichsbehörde an und wurde nunmehr als Reichshofrat 
bezeichnet. Diese Entwicklung ist mit dem Westfälischen Frieden 
vollendet*. Durch letzteren wurde der Reichshofrat ausdrücklich 
1 Reg.-Ordnung von 1521 8 7. K.G.O. von 1555 T. U Tit. 7 Instr. 
pac. Osnabr. Art. V $ 55. 
3 Über die Entwicklung des Hofrates vgl. H. Ulmann, Maximilian I., 
a. a. OÖ. 1 823f.; S. Adler, Die Organisation der Zentralverwaltung unter 
Kaiser Maximilian I, Leipzig 1886; E. Rosenthal, Die Behördenorganisation 
Kaiser Ferdinands I, Wien 1887; Fellmer, Zur Geschichte der österreichischen 
Zentralverwaltung, Mitt. d. Instituts Österreichische Gesch.-Forsch. 8 258 fl.; 
Winter, Der Ordo consilii von 1550, im Arch. österr. Gesch. 79 101 ff. 
® Pass. Vertr. $ 14. , 
* Die frühere Annahme ging dahin, daß der Hofrat bereits bei der im 
Jahre 1559 erfolgten Reorganisation eine reine Reichsbehörde geworden sei. 
Dieser folgen auch noch Rosenthal a. a. ©. 28 und Schröder, D. R. Gesch. 836. 
Vgl. dagegen Fellmer a. a. O. 287, Seeliger, Erzkanzler und Reichskauzleien 
18: Seidler Studien zur Geschichte und Dogmatik des österreichischen 
Staatsrechts, 118 ff. (Wien 1894); Luschin v. Ebengreuth, Österreichische 
Beichsgeschichte 430 (Bamberg 1896), Der Ansicht, daß der Reichshofrat 
erst durch den Westf. Frieden zu einer reinen Reichsbehörde geworden Bei, 
neigt auch Brunner, Grundzüge 275 zu.
	        
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