Rechtsverhältnisse der Untertanen. 8 291. 095
Person des Privatrechts, Korporationsqualität) erlangt ein Verein:
1. wenn er nioht aufeinen wirtschaftlichen Geschäfts-
betrieb gerichtet ist, durch Eintragung in das Vereins-
register des zuständigen Amtsgerichtes*; 2. wenn er auf einen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist,
durch staatliche Verleihung®. Eine solche ist jedoch nicht not-
wendig, wo besondere reichsgesetzliche Vorschriften, wie bei Aktien-
gesellschaften, eingetragenen Genossenschaften usw. vorliegen oder
wo kraft der im Einführungsgesetz enthaltenen Vorbehalte die
Regelung der Rechtsverhältnisse durch die Landesgesetzgebung
erfolgt ist, wie bei Gewerkschaften, Wassergenossenschaften, Wald-
genossenschaften usw.
Besonderen Beschränkungen unterliegen politische Ver-
eine, d.h. Vereine, die eine Einwirkung auf politische Angelegen-
heiten bezwecken. Politische Angelegenheiten sind Fragen, welche
sich auf die Stellung des Staates zu irgend einem Vorgang oder
einer Erscheinung des Lebens beziehen. Politische Vereine müssen
einen Vorstand und eine Satzung haben®. Der Vorstand ist ver-
flichtet, der Polizeibehörde binnen zwei Wochen nach Gründung
Tes Vereins die Satzung sowie das Verzeichnis der Mitglieder des
Vorstandes (nicht auch der Vereinsmitglieder) einzureichen, sowie
jede Anderung der Satzung oder der Zusammensetzung des Vor-
standes binnen zwei Wochen nach Eintritt der Änderung anzu-
zeigen’. Politische Vereine dürfen keine Personen unter 18 Jahren
als Mitglieder aufnehmen, auch solche Personen zu ihren Ver-
sammlungen, sofern es sich nicht um Veranstaltungen zu geselligen
Zwecken handelt, nicht zulassen®. Den aktiven Militärpersonen
ist die Teilnahme an politischen Vereinen und Versammlungen ver-
boten®. Vereine jeder Art, auch politische, dürfen nach Belieben
miteinander in Verbindung treten].
* BGB S 21.
5 BGB 5 22. Gegen die Eintragung kann die Verwaltungsbehörde
Einspruch erheben, wenn der Verein nach dem öffentlichen Vereinsrecht
unerlaubt ist oder verboten werden kann oder wenn er einen politischen,
sozialpolitischen oder religiösen Zweck verfolgt. Der Einspruch kann im
Wege des Rekurses nach Maßgabe der SS 20, 21 der Gew@., d. h. im öffent-
lichen kontradiktorischen Verfahren und zweifachen Instanzenzuge der Be-
hörden, von denen mindestens eine kollegialisch organisiert sein muß, an-
gefochten werden (BGB SS 61, 62).
RVG S 3 Abs. 1.
ı RVG 5 3 Abs. 2, 3.
s RVG 17. — Die Vorschriften der 58,3; 17 RVG sind auf Vereine
von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zum Behufe der Erlangung günstiger
Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht aus dem Grunde anzuwenden, weil
diese Vereine auf solche Angelegenheiten der Sozial- oder Wirtschaftspolitik
einzuwirken bezwecken, die mit der Erlan ung oder Erhaltung günstiger
Lohn- und Arbeitsbedingungen oder mit der Wahrung oder Forderung wirt-
schaftlicher oder gewer licher Zwecke zugunsten ihrer Mitglieder oder mit
allgemeinen beruflichen Fragen im Zusammenhange stehen: RGes. vom
26. Juni 1916 (s. o. S. 994 Anm. 11).
® RMilGes. $ 49 Abs. 2.
G. Meyer-Anschütz, Deutsches Staatsrecht. IIL 7. Aufl. 64