Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Rechtsverhältnisse der Untertanen. $ 234. 1001 
Der RDHS von 180312 zog dadurch, daß er in den Ent- 
schädigungslanden die Aufrechterhaltung der bisherigen Religions- 
übung vorschrieb, dem Reformationsrecht eine weitere Schranke, 
Durch die Akzessionsurkunden zum Rheinbund!? versprachen 
viele deutsche Fürsten, dem katholischen Kultus gleiche Be- 
rechtigung mit dem protestantischen einzuräumen. Infolge dieser 
Bestimmungen und der im Anschluß an dieselben erlassenen 
Landesgesetze war im wesentlichen eine Gleichberechtigung der 
drei Hauptkirchen in Deutschland eingetreten, 
Die deutsche BA knüpfte an den so entstandenen Rechts- 
zustand an und stellte in Art. 16 den Grundsatz auf, daß die Ver- 
schiedenheit der drei anerkannten christlichen Religionsparteien 
keinen Unterschied im Genuß der bürgerlichen und politischen 
Rechte begründe; sie schloß damit die Reprobation einer dieser 
Religionsgemeinschaften aus. Dagegen enthielt sie keinerlei Zu- 
sicherung über eine Gleichheit der Religionstibung !*. Doch wurde 
in den meisten deutschen Ländern auch diese entweder durch aus- 
drückliche landesgesetzliche Bestimmungen !° oder doch wenigstens 
tatsächlich gewährt. Den anderen Konfessionen standen dagegen 
keine bundesverfassungsmäßigen Rechte zu und zur Bildung von 
neuen Religionsgesellschaften wurde nach den Staatsgesetzgebungen 
regelmäßig besondere obrigkeitliche Genehmigung erfordert. Erst 
die Gesetzgebung seit dem Jahre 1848 gab die Bildung 
von Religionsvereinen teils durch ausdrückliche gesetzliche Be- 
stimmungen !°, teils indirekt dadurch frei, daß sie ein allgemeines 
Vereinsrecht gewährte und für Religionsgemeinschaften keinerlei 
Ausnahme konstituierte. 
Die Reichsgesetzgebung hat, indem sie allen Reichs- 
angehörigen das Recht der freien Niederlassung im ganzen Reichs- 
gebiete gewährleistet?” und jede aus der Verschiedenheit der Kon- 
3 RDHS $ 69. 
18 5, v. Meyer a. a. 0.1 89 ff. 
14 Daß die Bestimmungen des Art. 16 auch diese umfaßt haben, be- 
haupten v. Linde, Gleichberechtigung der Augsburger Konfession mit der 
katholischen Religion (159 v.Schulte, Lehrbuch $ 19 N, 2, und H. A. Zachariä, 
Zeitschrift für deutsches Stautsrecht 1 25 ff. Der Beweis, den letzterer aus 
den Verhandlungen des Wiener Kongresses zu erbringen versucht hat 
scheint jedoch nicht gelungen. Vgl. dagegen Richter-Dove, $ 98 S. 318 
N. 1; Mejer, Der 16. Artikel der deutschen Bundesakte und der Bundestag, 
in der Kirchlichen Zeitschrift 1 236 ff,, 2575 ff.; Fischer, Nation und Bundes- 
tag 51; Fürstenau a, a. O. 115; Kahl a. a. O. 320, 
15 Bayr. Verf. Beil. II, Edikt über die äußeren Rechtsverhältnisse der 
Einwohner des Königreiches Bayern in Beziehung, auf Religion und kirch- 
liche Gesellschaften $$ 24 ff., Sächs. Verf. $ 56, Württ. Verf. $ 70, Hess 
Verf. Art. 21, Braunschw. NLO $ 211, Lipp. Ed. vom 9. Maı 1854. 
16 Preuß. Verf. Art. 12, Württ. G., betr. die religiösen Dissidenten- 
vereine, vom 9. April 1872, Bad. G., die rechtliche Stellung der Kirchen 
und kirchlichen Vereine im Staate betr., vom 9. Okt. 1860 8 3, Hess. Ed. 
vom 6. März 1848, G., die rechtliche Stellung der Kirchen und Religions- 
Bemeinschaften im Staate betr., vom 23. April 1875 Art.2, S.-Kob.-Goth. 
17 RG über die Freizügigkeit vom 1. Nov. 1867 8 1.
	        
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