Die Zeit des alten deutschen Reiches, $ 391. 97
Besteuerungsrecht der Stände zu beseitigen. Reichsgesetze legten
den Landesherren die Befugnis bei, ihre Untertanen für Reichs-
und Kreisabgaben!, für die Unterhaltung der Landesfestungen
und deren Garnisonen®, für die Legationskosten zu Reichs- und
Kreistaggen®? auch ohne ständische Bewilligung zu besteuern.
Während des Dreißigjährigen Krieges hatten in den meisten
Territorien gar keine Versammlungen der Landstände stattgefunden
und so kam die ganze Institution in Verfall. Die Stände wurden
seit dem siebzehnten Jahrhundert in vielen Territorien nicht mehr
berufenf, und aus dem Bruch ihrer Privilegien wuchs die absolute
Fürstenmacht empor (in Österreich, Brandenburg- Preußen, Bayern).
Anderswo fand zwar hier und da eine Einberufung statt, man be-
trachtete aber den Landtag wesentlich als eine Behörde zur Ver-
teilung der Steuern. Nur sehr vereinzelt bewahrten die Stände
auch noch in der letzten Zeit des deutschen Reiches eine größere
Bedeutung (in Kursachsen, den braunschweigischen Herzogtümern,
in Mecklenburg, Württemberg).
Landesherr und Landstände erschienen in der Auffassung des
Mittelalters als zwei einander gegenüberstehende Rechtssubjekte,
welche durch eine Reihe einzelner Rechte und Pflichten miteinander
verbunden waren*. Allmählich fing man jedoch an, das Land
xy s Ra A. von 1530 $ 118, von 1548 $ 24, von 1548 $ 102. W.C. Art.
® R.A. von 1654 8 180. W.C. Art. XV $ 38.
8 Kaiserl. Kommissionsdekret vom 19. Juni 1670. (Neue Sammlung 4 80).
f v. Below, Territorium u. Staat 250 (mit Literaturangaben). Ferner
zu My für Brandenburg-Preußen: Hintze, Acta Borussica 61 7ff.; Bornhak,
Preuß, St.- u. R.Gesch. 140 ff.: für Bayern: Seydel-Piloty, Bayer. Staater.
1 4ff.; für Baden: v. Weech, Bad. Geschichte (1890) 359.
8 Vgl. hierüber insbesondere Gierke, Genoss.R. 1 $ 60 („die Land-
ständekorpora im obrigkeitlichen Staat“); daselbst auch die ältere Literatur
bis 1868. Eine erschöpfende Darstellung des großen Entwicklungsschritts
von der ständisch-patrimonialen zur absoluten Monarchie in Deutschland
fehlt. Recht unbefriedigend in diesem Punkte ist der historische Teil der
Allg. Staatsl. von Richard Schmidt: ein dickleibiger Band, welcher dem
(zivilisierten und unzivilisierten) Auslande liebevolle Vertiefung widmet,
die deutschen Dinge aber mit unverhältnismäßiger Kürze behandelt. — Für
die Geschichte des Niederganges des Ständetums in den einzelnen deutschen
Ländern vgl. die oben Anm. a allgemein einbezogene partikularrechtliche
Literatur. Von mehr als, partikularer Bedeutung für die deutsche Ver-
fassungsgeschichte ist die Überwindung des Ständetums durch die absolute
Monarchie in Brandenburg-Preußen im Zeitalter des Großen Kurfürsten und
Friedrich Wilbelms I. Hierüber zu vergleichen: Droysen, Geschichte der
reuß. Politik: Teile III und IV, die systematischen Werke über preuß.
taatsrecht von v. Schulze-Gaevernitz 1 44ff.; Bornhak 1 15 ff. (sowie des-
selben Verfassers preuß. Staats- u. Rochtagesch., Kap. IV, insbes. 140 ff.);
v. Roenne-Zorn 1 16 ff.; mehrere monographische Arbeiten Schmollers, z. B.
die über das Städtewesen unter Friedr. Wilh. I. (Z. preuß. Geschichte u.
Landeskunde, Bd. 8. 10, 11); endlich die vorzügliche Zusammenstellung von
Hintze, Acta Borussica 6ı 7ff.
% Gierke, Genoss. R. 1 537; Fricker und v. Geßler, Verf. Württembergs
125 ff.! v. Below, Territorium u. Stadt 248 ff.; sogen. Dualismus des älteren
deutschen Landesstaatsrechts.
G. Meyer-Anschütz, Deutsches Stastsrecht. I. 7. Aufl. 7