Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Zeit des alten deutschen Reiches. $ 38. 09 
Reichsstandschaft besaßen, teils solche, bei denen dies nicht 
der Fall war. 
Die ersteren zerfielen in weltliche Fürstentümer, 
in denen ein erblicher Herrscher als Inhaber der Landeshoheit 
erschien, in geistliche Fürstentümer, welche den Charakter 
von Wahlmonarchien besaßen, und in Reichsstädte, republi- 
kanisch organisierte Gemeinwesen mit einem Ratskollegium an 
der Spitze. 
Unter den letzteren sind namentlich die reichsritter- 
schaftlichen Besitzungen! hervorzuheben. Die Reichsritter 
hatten sich durch eine feste korporative Organisation der Unter- 
ordnung unter die Landeshoheit zu erwehren und ihre Reichs- 
unmittelbarkeit zu bewahren gewußt. Als große Grundbesitzer 
waren sie mit weitgehenden obrigkeitlichen Befugnissen ausgestattet, 
die jedoch zusammengenommen keine Landeshoheit darstellten. 
Im Laufe der Zeit näherte sich freilich ihre Gewalt tatsächlich 
vielfach der landesherrlichen an. 
Das reichsritterschaftliche Corpus zerfiel in den schwäbischen, 
fränkischen und rheinischen Kreis, die einzelnen Kreise in Kantone 
oder Ritterorte, die Kantone in Bezirke oder Quartiere. 
V, Die Auflösung des Deutschen Reiches. 
& 83. 
Durch den Frieden zu Luneville vom 9. Februar 1801! waren 
das linke Rheinufer und verschiedene italienische Besitzungen an 
Frankreich abgetreten worden. Die erblichen deutschen Fürsten 
sollten für ihre Verluste auf dem linken Rheinufer und die Herzöge 
von Modena und Toskana für ihre Verluste in Italien im Schoße 
des Reiches entschädigt werden. Zu dieser Entschädigung 
konnten und sollten nur die geistlichen Fürstentümer und die 
Städte verwandt werden. Am 24. August 1802 trat die außer- 
ordentliche Reichsdeputation in Regensburg zusammen, um das 
Entschädigungsgeschäft unter der Mitwirkung Frankreichs und 
Rußlands zur Ausführung zu bringen. Das Resultat ihrer Be- 
ratungen war der Reichsdeputationsbauptschluß vom 25. Februar 
1803, welcher durch Reichsgutachten vom 24. März und kaiser- 
liches Kommissionsdekret vom 27. April zum Reichsgesetze erhoben 
wurde (sogenannter jüngster Reichsschluß)®. Dadurch erfuhr die 
Reichsverfassung noch in den letzten Jahren ihres Bestehens eine 
wesentliche Umgestaltung. 
1 Schroeder, R.G. 887 ff. (mit weiteren Literaturangaben). 
ı Abgedruckt bei G. v. Meyer, Corpus iuris confoederationis Germanicae 
(3. Aufl. v. H. Zoepfi, Frankfurt a. M. 1858—1865) 1 1fl.; ein Auszug bei 
Zeumer, Quellensammig. 508. 
3 Luneviller Frieden, Art. 4—7. 
G. v. Meyer, a. a. O. 7ff.; Oertel, Die Staatsgrundgesetze 566 ff.; 
Zeumer a. a. O. 509 ff. 
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