122 Erster Teil. Drittes Buch. $ 41.
Wahrnehmung bestimmter politischer Interessen der Verbundenen,
insbesondere zum Schutze des Bundesgebietes nach außen und
zur Bewahrung des Friedens innerhalb desselben. — Der Deutsche
Bund entsprach dieser Begriffsbestimmung durchaus. Zunächst,
wie soeben dargelegt, was seinen Zweck anbetraf. Sodann: er ist
durch Vertrag geschaffen worden; daß die ihn gründende Bundes-
akte den Charakter eines Vertrages, eines Staatenvertrages hatte,
ist unbestreitbar. Wie nach seiner Begründung, so war er auch
nach seiner rechtlichen Natur ein Vertragsverhältnis, nicht mehr
und nichts anderes als ein solches. Das geht vor allem hervor
aus den ihn authentisch definierenden Bestimmungen des zweiten
seiner Grundverträge, der Wiener Schlußakte. Dort heißt es, Art. 1:
„Der Deutsche Bund ist ein völkerrechtlicher Verein der deutschen
souveränen Fürsten und freien Städte...“ Und Art. UI fährt
fort: „Dieser Verein besteht in seinem Innern als eine Gemein-
schaft selbständiger unter sich unabhängiger Staaten, mit wechsel-
seitigen gleichen Vertrags-Rechten und Vertrags-Obliegenheiten,
in seinen äußeren Verhältnissen aber als eine in politischer Ein-
heit verbundene Gesamt-Macht“a. Man beachte: der deutsche
Bund wollte und sollte ein „Verein“, eine „Gemeinschaft“, also
das nicht sein, was den Gegensatz dieser Begriffe darstellt: eine
staatliche Korporation mit eigener Rechtspersönlichkeit, ein Ge-
meinwesen. Der Bund war ein Rechtsverbältnis, kein Rechts-
subjektb, Ein Rechtsverhältnis, und zwar ein vertragsmäßiges,
dessen Teilnehmer durch „wechselseitige Vertragsrechte und Ver-
trags-Obliegenheiten“ aneinander gebunden sind. Ein Rechts-
verhältnis, dessen Grundlage und Norm das Völkerrecht bildet:
„ein völkerrechtlicher Verein“. Ein Rechtsverhältnis, welches
infolgedessen — da das Völkerrecht nur Staaten, nicht Menschen
berechtigt und verpflichtet — nur die Staaten bzw. ihre Ver-
treter nach außen, die Regierungen, verbündete, das Volk aber
nicht berührte noch erreichte. Kein Rechtssubjekt: weder im
Sinne des Staatsrechtes noch in dem des Völkerrechts noch in
dem des Privatrechts. Nicht im Sinne des Staatsrechts: es gab
keine „Bundesgewalt“, keinen von einer höheren, den verbündeten
Staaten gegenüber selbständigen, sie beherrschenden Gesamt-
persönlichkeit ausgehenden Willen. Nicht im Sinne des Völker-
a Es geht nicht an, diese Bestimmungen, insbesondere W.S. A. Art. 2,
als „nicht korrekt“ zu bezeichnen, wie dies die Voraufl. (541 N. 5) tut. Die
Jurisprudenz hat die Rechtsquellen zu erklären, nicht zu „berichtigen“.
A. M. die Voraufl., 112, 113. Vgl. die Literaturangaben oben $ 13
Anm.d, wo auch die Schriftsteller zitiert sind, die @. Meyers Ansicht über
die rechtliche Natur des Staatenbundes im allgemeinen, des Deutschen
Bundes im besonderen teilen. Zu den letzteren rechnete G. Meyer außer-
dem noch (6. Autl. 113 $ 41 N. 6): Maurenbrecher, Staater. 8 106; K. E. Weiß,
System des deutsch. St.R. $ 26; Aegidi in Bluntschli und Braters Staats-
wörterb. 8 25, 33; Zöpfl, Staatser. 1 357. — In der älteren Literatur ist die
Rechtssubjektivität des Bundes namentlich von Held, Verfass.R. 1 5 188
S. 475 geleugnet worden.