Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Zeit des Deutschen Bundes. $ 41. 123 
rechts: die „politische“ Einheit, welche S. A. Art. II dem Bunde 
zuschreibt, bedeutet das Gegenteil staatsrechtlicher Einheit; 
es ist eine lediglich faktische Einheit; gesagt werden wollte, 
daß Deutschland im Rahmen der Bundeskompetenz dem Auslande 
gegenüber so erscheinen, daß sein Bund so wirken sollte wie 
eine wahre (d. h. staatliche) Einheit. Eine selbständige völker- 
rechtliche Persönlichkeit ist damit dem Bunde nicht beigelegt 
worden“. Auch in privatrechtlichem Sinne darf nicht von Rechts- 
fähigkeit des Bundes geredet werdend; das sogenannte Bundes- 
vermögen (z. B. die Bundesfestungen, unten $ 50 S. 141) war 
gomeinsamee Vermögen der Bundesstaaten, in deren Miteigentum 
es stand. 
Mit dem Wortlaut und Sinn der vorstehend erläuterten Be- 
stimmungen der Bundesverträge deckt sich der Wille der Gründer 
des Bundes vollkommen. Anders hätten sie nicht, wie geschehen 
und auch in zahlreichen Stellen der Bundes- und Schlußakte® 
zum Ausdruck gebracht, immer wieder die fortdauernde, durch das 
Bundesverhältnis nicht berührte Souveränetät der Bundes- 
staaten betont — die Souveränetät, welche doch eben deshalb und 
nur deshalb fortdauern konnte, weil die Staaten durch Verträge 
aneinander gebunden waren: aneinander, d. h. nicht an eine 
von ihnen verschiedene, sie rechtlich überragende Zentralgewalt; 
gebunden, d. h. nicht unterworfenf. Ganz klar ist das, was 
man bei Gründung des Bundes wollte und nicht wollte, ausgedrückt 
in der bei Gelegenheit der Eröffnung der Bundesversammlung 
von dem Präsidialgesandten abgegebenen Erklärungg, in welcher 
es hieß: „Deutschland war im Laufe der Zeit weder berufen, die 
Form einer Einherrschaft oder auch nur eines wahren Bundes- 
staates zu gewähren, ebensowenig aber entsprach es dem Be- 
dürfnisse der Zeit. ein bloßes politisches Schutz- und Trutzbündnis 
zu schaffen, sondern in der Zeitgeschichte ist Deutschland dazu 
berufen, einen... Staatenbund zu bilden.“ Mochten auch 
die Begriffe Staatenbund und Bundesstaat damals noch nicht so 
geklärt sein wie heute; jedenfalls unterschied man sie: man ver- 
band insbesondere mit dem Begriff des Bundesstaates zutreffender- 
weise die Vorstellung einer von den Gliedstaaten verschiedenen, 
ihnen allen übergeordneten staatlichen Zentralgewalt: eine solche 
° Anschütz, Histor. Z. (1901) 325, 326. A. M. die Voraufl. 113 sowie die 
oben $ 13 Anm. c zitierte Literatur. Die dort besprochene Staatenbunds- 
theorie von Ebers erklärt die völkerrechtliche Geschäfts- und Aktionsfähig- 
keit des Staatenbundes nicht aus der Rechtssubjektivität des Staatenbundes 
(welche Ebers wiederholt leugnet), sondern aus dem „Gesamthandverhältnis“, 
in dem die verbundenen Staaten zueinander stehen sollen. 
. Übereinstimmend Laband, Ann.D.R. (1873) 408, a. M. die Voraufl. 
2.2. 0. ö 
e B.A. Art, I, W.S, A, Überschrift, Art, I, LV, LVII, LVII. 
f Anschütz, Enzykl. 35. 
8 Vom 5. November 1816. Vgl. Prot. der Bundesversammlung 1 16. 
Die Erklärung findet sich auch bei Haenel, Staatsr. 1 193.
	        
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