152 Erster Teil. Drittes Buch. $ 56.
wicklung eines großartigeren parlamentarischen Lebens in Deutsch-
land gewonnen. Auf die Verfassungen dieser Zeit hat namentlich
die belgische Konstitution vom 25. Februar 1831 eingewirkt. Dies
gilt in erster Linie von der preußischen Verfassung, jedoch mit
er Maßgabe, daß gerade das die belg. Verf. charakterisierende
demokratische Grundprinzip (vgl. oben S. 149) in Preußen nicht
aufgenommen wurde. Dagegen hatten die Verfassungen der kleineren
deutschen Staaten meist einen demokratischen Charakter und pro-
klamierten das Prinzip der Volkssouveränetät als die Grundlage
der staatsrechtlichen Gestaltung. Die bestehenden Verfassungen,
namentlich der Mittelstsaten, erfuhren in derselben Zeit vielfache
Abänderungen, durch welche die ständische Gliederung der Volks-
vertretung und andere Privilegien der bevorrechtigten Klassen
beseitigt wurden.
Die reaktivierte Bundesversammlung legte durch einen Be-
schluß vom 23. August 1851® den Regierungen die Verpflichtung
auf, die Abänderung derjenigen Bestimmungen ihrer Verfassungen
zu bewirken, welche mit den Bundesgrundverträgen in Wider-
spruch standen, Hieraus nahmen viele derselben Veranlassung,
alle während der Jahre 1848—1850 geschehenen Abänderungen
wieder rückgängig zu machen. Nicht selten geschah dies ohne
die verfassungsmäßig notwendige Mitwirkung der Volksvertretung
auf bloßem Verordnungswege, unter Mitwirkung der Bundes-
versammlung.
Die Umgestaltungen, welche Deutschland in den Jahren 1866
bis 1867 und 1870—1871 erfuhr, gaben wieder zu einer Reihe
von Abänderungen auch der einzelstaatlichen Verfassungen Ver-
anlassung. Diese haben sich durchgängig in vollkommen ver-
fassungsmäßiger Weise vollzogen ?.
8 56.
Die Verfassungsentwicklung der einzelnen Stasten! war
folgende:
8 G. v. Meyer a. a. O. 560.
® Obwohl die betreffenden Veränderungen der hier behandelten Periode
nicht angehören, werden sie doch im $ 56 mit zur Erörterung gelangen, weil
sie einfache Fortbildungen des früheren Zustandes sind, deren Darstellung
am besten in Verbindung mit diesem erfolgt.
1 Es werden hier nur diejenigen Staaten behandelt werden, deren Gebiet
jetzt dem Deutschen Reiche angehört, Österreich, Luxemburg und Liechten-
stein also ausgeschlossen sein. Dies rechtfertigt sich dadurch, daß ihre Ent-
wicklung nach 1866 und ihr heutiges Staatsrecht nicht Gegenstand unserer
Darstellung sind. Eine Schilderung ihrer Verfassungsbildung bloß bis zum
Jahre 1866 würde sich aber schon deshalb nicht empfehlen, weil sie bei
demjenigen Staate, ‚der das größte wissenschaftliche und politische Interesse
ewähren würde, Österreich, in einem Momente abbrechen müßte, wo die
Verfassungsbewegung noch in vollem Flusse begriffen war und gerade in
ihre interessantesten Stadien eintrat.
Literatur und Quellensammlungen: Handbuch des öffentl. Rechts der
Gegenwart in Monographien; herausg. v. H. Marquardsen, Freiburg 1883 ff.,