Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Zeit des Deutschen Bundes. $ 56. 155- 
mit 124 Stimmen) saßen. Er hatte ein Zustimmungsrecht bei An- 
leihen, Einführung neuer und Erhöhung bestehender Steuern, 
eine Aufsicht über die Verwaltung der Staatsschulden, beratende 
Stimme bei der Gesetzgebung und Petitionsrecht. Am 11. April 
1847 wurde die erste Session desselben eröffnet. Die Versammlung 
erklärte jedoch, daß durch die Gesetze vom 3. Februar die Ver-- 
heißungen von 1815 nicht erfüllt seien und verwahrte die Volks- 
rechteh, 
Die Bewegungen des Jahres. 1848° hatten den Erlaß eines. 
dem Vereinigten Landtage zur Beratung vorgelegten Gesetzes vom 
8. April 1848 zur Folge, welches die Berufung einer Versammlung 
anordnete, um eine Verfassung mit der Krone zu vereinbaren. 
Dieselbe wurde am 22. Mai 1848 in Berlin eröffnete Der Gang 
der Verhandlungeni ergab jedoch die Unmöglichkeit einer Ver- 
ständigung; am 5. Dezember erfolgte die Auflösung der Versamm- 
lung und an demselben Tage die Oktroyierung einer provisorischen 
Verfassung durch den König, welche von den sofort zu berufenden 
Kammern einer Revision unterzogen werden solltek. Interimistische 
Wahlgesetze für die erste und zweite Kammer wurden am 6. De- 
zember erlassen. Am 26. Februar 1849 traten beide Kammern in 
Berlin zusammen, erkannten die Verfassung vom 5. Dezember 1848. 
als das zu Recht bestehende Staatsgrundgesetz an und begannen 
die Revisionsberatungen!. Die zweite Kammer wurde jedoch am 
29. April 1849 wieder aufgelöst, und die Regierung oktroyierte 
unter Berufung auf das ihr zustehende Notverordnungsrecht am 
30. Mai 1849 ein neues Wahlgesetz, welches an die Stelle des 
allgemeinen und gleichen Wahlrechtes das sogenannte Dreiklassen- 
system setzte. Dasselbe fand nachträglich die Billigung der 
Kammern’. Mit den neu berufenen Kammern wurde die Revision 
zu Ende geführtm und am 31. Januar 1850 die revidierte Ver- 
fassungsurkunde für den preußischen Staat® verkündet. Dieselbe- 
ist später in verschiedenen Beziehungen auf verfassungsmäßigem 
Wege abgeändert worden». 
h Vgl. die Literatur bei Anschütz a. a. O. 17. 
6 Über den Einfluß derselben auf die Verfasssungsentwicklung in 
Preußen: Anschütz a. a. O. 28ff. und die dort angeführte reichhaltige 
Literatur. 
i Anschütz a. a. O. 40 ff. 
k Über die Entstehung des Oktroyierungsgedankens und die Beweg- 
gründe der Oktroyierung: Meinecke, Weltbürgertum und Nationalstaat (2. A.) 
399 ff.; Anschütz a. a. O. 44 ff. und die dort (44) zit. weitere Literatur. 
I Anschütz a. a. 0. 53 ff. 
? Bekanntmachung vom 22. Dezember 1849. 
m Anschütz a. a. OÖ. 59, 60; Meinecke in der Histor. Z. (1912) 109 149 fi. 
8 L, v. Rönne, Die Verfassungsurkunde für den preußischen Staat, 
3. Aufl, Berlin 1859; Arndt, Die Verfassungsurkunde für den preußischen 
Staat, 7. Aufl. Berlin 1911; C. Schwartz, Die Verfassungsurkunde für den: 
preußischen Staat, 2. Aufl,, Breslau 1899; Anschütz, Komm. — Textausgabe 
von Binding (Deutsche Staatsgrundsätze Nr. 4, 3. A. 1908). 
a Ein Verzeichnis der Abänderungen in Bindings Textausg. 4 fl.; Stoerk-: 
Rauchhaupt a. a. O. 567.
	        
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