Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Gründung des Deutschen Reiches, $ 59. 177 
Staaten sich die anderen Regierungen über Beteiligung an den 
Stimmen zu verständigen hatten, und eine Nationalvertretung, 
deren Mitglieder von den einzelnen deutschen Landtagen aus 
ihrer Mitte zu wählen waren und der eine Mitwirkung bei der 
Bundesgesetzgebung und der Feststellung der Bundesausgaben 
zugedacht war. 
Bereits am 30. September 1849 hatten sich Österreich und 
Preußen zu dem sogenannten Interim vereinigt?”. Durch dieses 
wurde eine Behörde eingesetzt, welche den Namen Bundeszentral- 
kommission führte, aus zwei österreichischen und zwei preußischen 
Mitgliedern bestand und alle Befugnisse ausüben sollte, welche dem 
Engeren Rate der Bundesversammlung zustanden. Die Erledigung 
derjenigen Gegenstände, welche vor das Plenum gehörten, war der 
freien Verständigung unter den deutschen Regierungen vorbehalten. 
Die Dauer der Übereinkunft war bis zum 1. Mai 1850 festgesetzt. 
Am 20. Dezember 1849 legte der Reichsverweser seine Befugnisse 
in die Hände dieser neuen Zentralbehörde nieder. 
Am 26. April 1850 richtete Österreich an die anderen 
deutschen Regierungen die Aufforderung, den Bundestag 
wieder zu eröffnen. Infolge derselben versammelten sich 
außer dem österreichischen Vertreter die Bevollmächtigten von 
Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Kurhessen, Holstein und 
Lauenburg, Luxemburg und Limburg, Liechtensein und Hessen- 
Homburg am 10. Mai zu einer Plenarversammlung in Frankfurt ®, 
Diesen schlossen sich in der nächsten Zeit noch Schaumburg- 
Lippe®°, Großherzogtum Hessen und Mecklenburg-Strelitz®° an. 
Am 2. September wurden auch die Sitzungen des Engeren Rates 
wieder eröffnet®!. Da sich Preußen und die meisten der mit ihm 
verbündeten Regierungen noch fortdauernd vom Bunde fernhielten 
und der Gegensatz der beiden Großmächte namentlich in der kur- 
hessischen Frrage®? immer schärfer wurde, so lag die Möglichkeit 
eines Krieges zwischen den gegenüberstehenden Parteien außer- 
ordentlich nahe. Nicht willens, diesen Krieg zu unternehmen, 
fügte sich Preußen den österreichischen Forderungen. In der 
Olmützer Konvention (Punktation) vom 29. November 
1850 8% verzichtete es auf die Fortführung seiner Unionspolitik und 
erklärte sich bereit, die Erledigung der holsteinschen und kur- 
hessischen Angelegenheit durch die gemeinsame Entscheidung aller 
deutschen Regierungen herbeizuführen. Ministerialkonferenzen 
sollten in Dresden stattfinden, um über die Revision der deutschen 
3? Weil a. a. O. 247; v. Sybel a. a. O. 847. 
#8 Protokoll vom 10. Mai 1850 ( v. Meyer a. a. O. 517). 
39% Protokoll vom 16. Mai 1850 (a. a. O. 518). 
&0 Protokoll vom 6. Juni 1850 (a. a. O. 519 
31 Protokoll vom 2. September 1850 (a. a. ©. 539). 
83 y, Sybel 415 ff. 
$58 Abgedruckt bei G. v. Meyer a. a. O. 545ff. Vgl. v. Sybel a. a. O. 
2 3f,, 26 fl., 33 fl. 
G. Meyer-Anschütz, Deutsches Staatsrecht. I. 7. Aufl. 12
	        
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