Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

178 Erster Teil. Viertes Buch. $ 60. 
Bundesverfassung zu unterhandeln. Dieselben haben in der Tat 
auch vom Dezember 1850 bis Mai 1851 getagt, sind jedoch voll- 
ständig resultatlos verlaufen®. Am 14. Mai 1851°5 trat Preußen 
wieder in den Bundestag ein. Die mit ihm verbündeten Re- 
gierungen waren ihm darin teils vorangegangen, teils folgten sie 
seinem Beispiele. 
8 60. 
Der Bundestag lenkte nach seiner Reaktivierung wieder in 
völlig reaktionäre Bahnen ein, wenn auch die Form seines Auf- 
tretens in vielen Beziehungen milder war als vor dem Jahre 18481. 
Ein B. B. vom 23. August 1851? erklärte, daß die Frankfurter 
„Grundrechte* eine Rechtsgültigkeit als Reichsgesetze nicht be- 
anspruchen könnten. Da, wo ihre Einführung durch besondere 
Landesgesetze erfolgt war, sollten die Regierungen Einleitungen 
treffen, sie außer Wirksamkeit zu setzen, sofern sie mit den 
Bundesgesetzen oder Bundeszwecken in Widerspruch standen. 
Der Gegensatz zwischen den beiden Großmächten, welcher 
bis zum Jahre 1848 wegen der meist übereinstimmenden Politik 
beider Regierungen sich weniger fühlbar gemacht hatte, trat jetzt 
in voller Schroffheit zutage. Das Ziel der österreichischen Politik 
ging unverkennbar dahin, durch eine weitere Ausbildung und 
Stärkung der Präsidialbefugnisse ein Übergewicht Österreichs im 
Bunde zu begründen und so die Errichtung einer österreichischen 
Hegemonie über Deutschland anzubahnen. Diesen Versuchen 
wurde preußischerseits energischer Widerstand geleistet?. 
Die nationalen Bewegungen ruhten bis zum Ende der fünf- 
ziger Jahre vollständig und erhielten erst durch den österreichisch- 
italienischen Krieg vom Jahre 1859 einen neuen Anstoß. Sofort 
machte sich wieder der Gegensatz zwischen denjenigen geltend, 
welche eine festere Einigung des außerösterreichischen Deutsch- 
lands unter preußischer Führung erstrebten, und denjenigen, welche 
sich mit einer loseren Verbindung des gesamten Deutschlands ein- 
schließlich Österreichs begnügen, also die Reform wesentlich auf 
4 v, Sybel a. a. O. 70 fl. 
85 Protokoll vom 14. Mai 1851 (a. a. O. 550 ft.). 
ı Höchst wertvolles Material für die Geschichte der Deutschen Bundes 
in dieser Zeit enthält: v. Poschinger, Preußen im Bundestag 1851—1859. 
Dokumente der Königlich Preußischen Bundestags-Gesandtschaft., 4 Bde., 
Leipzig 1882—84 (Bd. 12, 14, 15 u. 23 der Publikationen aus den Königlich 
preußischen Staatsarchiven). Als Ergänzung und teilweise zum vollen Ver- 
ständnis der in diesem Werk enthaltenen Gesandschaftsberichte Bismarcks 
(der von 1851—1859 preußischer Bundentagsgesandter war) wichtig sind dessen 
Briefe an den General Leopold v. Gerlach, herausgeg. von H. Kohl (1896). 
G. v. Meyer a. a. VO. 2 561. 
s Vol. darüber die — in der Sammlung von v. Poschinger — mitgeteilten 
Berichte Bismarcks, namentlich die Denkschrift vom März 1858 (a. a. 0. 8 
487 ff.) und das Memoire vom 18. Mai 1857 (a. a. O. 4 264 ff.); s. auch v. Sybel 
a. a. 0. 1 351fl., 2 71ff.; Friedjung, Der Kampf um die Vorherrschaft in 
Deutschland 1 3.
	        
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