Die Gründung des Deutschen Reiches. 8 61. 185
‚der übrigen Kurien anschloß. Gegen den österreichischen Antrag
‚stimmten Luxemburg und Limburg, die 12. Kurie (mit Ausnahme
von Meiningen), die 14., 15. und 17. Kurie, letztere mit Ausnahme
von Frankfurt. Baden befürwortete den Versuch einer Vermittlung
‚zwischen Österreich und Preußen durch die Bundesversammlung
nach den Bestimmungen der Artikel 11 der B. A. und 21 der
W.S.A.!‘,. Preußen gab keine Stimme ab, da es die ganze Ver-
handlung als bundeswidrig betrachtete. Nach Verkündigung des
Beschlusses erklärte der preußische Gesandte im Namen seiner
Regierung, daß Preußen den bisherigen Bundesvertrag für ge-
brochen und deshalb nicht mehr verbindlich ansehe. Damit seien
jedoch die nationalen Grundlagen des Bundes nicht zerstört.
„Preußen hält vielmehr an diesen Grundlagen und an der über
die vorübergehenden Formen erhabenen Einheit der
‚deutschen Nation fest und sieht es als eine unabweisliche
Pflicht der deutschen Staaten an, für die letztere den angemessenen
Ausdruck zu finden.“ Die preußische Regierung erkläre sich be-
reit, einen neuen Bund auf der Basis der Grundzüge vom 10. Juni
abzuschließen !! 18,
0 Protokolle a. a. O. 207 ff.
11 Protokolle a. a. O. 214ff.; Hahn a. a. O. 124 ff.; Glaser, Arch. d.
Norddeutschen Bundes 1 27; Staatsarchiv a. a. O. Nr. 2317.
18 Gegen den B.B. vom 14. Juni ist vom preußischen Standpunkte mit
vollem Rechte geltend gemacht worden, daß er eine gegen ein Bundesglied
gerichtete Mobilmachung enthalte, welche dem Bundesrechte vollkommen
fremd sei. [Zunächst waren Bund und Bundesversammlung zur Entscheidung
des zwischen Österreich und Preußen schwebenden Streites nicht zuständig.
Die Streitenden erschienen hier nicht als Mitglieder des Deutschen Bundes,
sondern als europäische Mächte. In dieser ihrer letzteren Eigenschaft,
nicht als Bundesglieder, hatten sie den Krieg um die Elbherzogtümer mit
Dänemark geführt, hatten sie mit dem besiegten (segner den Wiener Frieden
‚und dann unter sich die Gasteiner Konvention abgeschlossen. Der auf diesen
europäischen Verträgen beruhende österreichisch-preußische Kondominat und
‚die Rechte der condomini unterlagen also im Streitfalle nicht der Jurisdiktion
des Bundestages, ein in dieser Sphäre sich ereifnender Konflikt war keine
„Streitigkeit der Bundesglieder“ im Sinne des Art. 21 W.S.A., Wäre er
‚aber selbst eine solche, also die Zuständigkeit des Bundestags begründet
gewesen, so konnte doch eine Einmischung des Bundes in den Streit
zwischen Österreich und Preußen nur stattfinden in den bundesrechtlichen
Formen, also entweder auf dem \Vege des ordentlichen Austrägal-
verfahrens nach Art. 11 der B. A. oder zum Schutz des jüngsten Besitzes
‚auf Grund der Art. 19—21 der W.S. A. Der Bund hat keinen dieser beiden
Wege eingeschlagen, sondern eine Maßregel verfügt, welche nur als Ausfluß
‚eines gefaßten Exekutionsbeschlusses gerechtfertigt gewesen wäre. Die Be-
hauptung Haenels, Vertragsmäßige Elemente der Reichsverfassung 46, daß
die preußische Interpretation des Art. 19 der W.S. A. nullo iure iustificabilis
sei, muß daher zurückgewiesen werden. Das Unrecht lax am 14. Juni 1866
auf seiten nicht Preußens, sondern seiner Gegner; die Annahme des öster-
reichischen Mobilmachungsantrags durch die Mehrheit des Engeren Rates
war nicht mehr noch weniger als ein Bruch der Bundesgrundverträge,
welchen Preußen mit seiner Lossa ung von diesen Verträgen beantworten
durfte und beantwortet hat. Das Recht Preußens zu diesem Schritte läßt
sich nach anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen, die durch die B. A.
und W.S.A., auch durch deren Bestimmungen über die Unauflöslichkeit