Zweiter Teil. Einleitung. $ 71. 229
Staates zu richten hat. Den Staaten stehen über die Kommunal-
verbände weitgehende Aufsichtsrechte zu.
Die Gliederung Elsaß-Lothringens ist analog der der Einzel-
staaten,
5. Die Schutzgebiete sind keine Bestandteile des Reichs-
gebietes, sondern Nebenländer des Reiches, über welche diesem
eine territoriale Herrschaft zusteht®. Der Inbegriff der Hoheits-
rechte, welche das Reich in den Schutzgebieten besitzt, wird als
Schutzgewalt bezeichnet. [Die Schutzgewalt ist eine voll-
entwickelte Staatsgewalt.] Neben dem Reiche sind die einheimischen
Häuptlinge und in Neu-Guinea war bis zum 1. April 1899 eine
Kolonialgesellschaft zur Ausübung von Hoheitsrechten befugt.
Soweit derartige Rechte in Betracht kommen, steht dem Reiche
nur eine Oberhoheit zu. Die deutschen Schutzgebiete sind keine
selbständigen Subjekte des öffentlichen Rechts, sondern Objekte
der Reichsherrschaft!°. Als Schutzgebiete können aber nur die-
jenigen Gebietsteile angesehen werden, welche das Reich tatsäch-
Jich seiner Herrschaft unterworfen hat. Dagegen sind die so-
genannten Interessensphären (das „Hinterland“ der Kolonien) ledig-
lich der fortschreitenden Okkupation des Reiches vorbehalten; es
hängt von tatsächlichen Machtverhältnissen ab, ob und wie weit
das Reich hier Hoheitsrechte auszuüben imstande ist!!,
® Die Beziehungen zwischen dem Reiche und den Schutzgebieten sind
also staatsrechtlicher Natur. Vgl. G. Meyer, Staatsrechtliche Stellung
‚der deutschen Schutzgebiete 67 fl.; v. Stengel in Ann,D.R. (1895) 613 ff.;
Laband, Staatsrecht 2 265 ff., Kl. A. 196 f.; Bornhak, Arch. Öff.R. 28; R. Adam,
ebenda 6 285 fi.; v. Stengel, Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete
(1901) 82 £.: Anschütz, Enzykl. 119 ff.; v. Poser und Groß-Naedlitz, Die recht-
liche Stellung der deutschen Schutzgebiete (1903). Anderer Ansicht: Pann,
Das Recht der deutschen Schutzherrlichkeit (Wien 1887) 38 und Joel in
Ann.D.R. (1887) 195, welche das Verhältnis für ein völkerrechtliches
erklären. — Nach Rehm, Allgem. Staatsl. 77ff., 163 ff. sollen die Schutz-
ebiete „besondere Staaten“, und zwar „Nebenländer“, „Nebenstaaten“ des
Reiches sein. Rosenberg in Ann.D.R. (1908) 657 ff. will auf die Schutz-
gebiete seinen besonderen Begriff des „Territoriums“ (vgl. vorige Anm.)
‚anwenden.
0 Übereinstimmend: Jellinek, Über Staatsfragmente (in der Heidel-
berger Festgabe 1896) 273. [Auch Rehm stimmt biermit überein. Er hält
ferner — vgl. die vorige Anm. — die Schutzgebiete für „besondere Staaten“,
aber für solche, denen, als Ausnahme von der Regel, die Rechtspersönlich-
keit fehlt. Sie seien nicht Subjekte, sondern lediglich Objekte einer Staats-
ewalt, nämlich der Reichsgewalt: Staatsl. 164. Gegen Rehm: Jellinek,
Staats) 159 Anm. 1.]
11 Übereinstimmend: Laband, Staatsr. 2 277; Rehm, Staatsl, 83 ff.;
v. Stengel, Rechtsverbältnisse der Schutzgebiete 4, 55 ff.; v. Liszt, Völker-
recht 82, 83; v. Hoffmann, Einführung in das deutsche Kolonialrecht 16, 19 £.,
und Z. f. Kolonialpolitik 8 449. Dagegen will Zorn, Reichsstaater. 1 566 ff.
zwischen Schutzgebiet und Interessensphäre keinen rechtlichen, sondern
nur einen tatsächlichen Unterschied anerkennen, insofern in ersterem
die Staatsgewalt bereits aufgerichtet, in letzterem vorerst nur die rechtliche
Möglichkeit dafür geschaffen sei. Wie Zorn auch Florack, Schutzgebiete
(1905) 7 und Albert Zorn in der Deutschen Kolonialztg. (1906) 66. Dem ist