Der Herrschaftsbereich. $ 76. 247
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Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1918
(StAG.) stellt folgende Sätze an die Spitze seiner Bestimmungen:
„Deutscher ist, wer die Staatsangehörigkeit. in einem Bundesstaate
oder die unmittelbare Reichsangehörigkeit besitzt“ ($ 1). „Elsaß-
Lothringen gilt im Sinne dieses Gesetzes als Bundesstaat, Die
Schutzgebiete gelten im Sinne dieses Gesetzes als Inland* ($ 2).
Hinsichtlich des Erwerbs der Reichs- und Staatsangehörigkeit
unterscheidet es zwischen der Staatsangehörigkeit in einem Bundes-
staate und der unmittelbaren Reichsangehörigkeit.
I. Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate
wird erworben!:
1. durch Geburt.
Eheliche Kinder eines Deutschen erwerben die Staatsangehörig-
keit des Vaters, uneheliche die der Mutter?. Der Geburtsort oder
der Wohnort der Eltern ist dabei ohne Bedeutung. Die Annahme
an Kindesstatt hat nicht die Wirkungen des Erwerbes der Staats-
angehörigkeit. Ein Kind, welches in dem Gebiete eines Einzel-
staates aufgefunden wird (Findelkind), gilt bis zum Beweise des
Gegenteils als Kind eines Angehörigen dieses Staates ®;
.2. durch Legitimation;
3. durch Eheschließung®.
Die Frau erwirbt mit der Verheiratung die Staatsangehörig-
keit des Mannes. Zu diesem Erwerb genügt eine zivilrechtlich
gültige Ehe®. Die Nichtigkeitserklärung derselben vernichtet auch
ihre staatsrechtlichen Wirkungen, während eine Scheidung keinen
Einfluß darauf äußert”;
4. durch Verleihung seitens des betreffenden
Staates. Diese erfolgt durch eine von der höheren Verwaltungs-
behörde ausgefertigte Urkunde, mit deren Aushändigung die Wir-
kungen derselben eintreten®. Die Verleihung ist ein einseitiger
staatlicher Verwaltungsakt (eine Verfügung), kein Vertrag zwischen
1 StAG, y Sf.
2 StAG. S 4 Abs. 1. Vgl. Zitelmann, Erwerb der Staatsangebörigkeit
mit der Geburt, Verw.Arch. 20 1ff.
8 StAG. 8 4 Abs. 2.
* SAG. S 5.
6 StAG.S 6,
® Zivilrechtlich gültig sind nach dem bayrischen G. vom 17. März 1892
auch solche Ehen, welche von rechtsrheinischen Bayern ohne Verehelichungs-
zeugnis abgeschlossen werden. Demnach erwirbt die Frau durch eine der-
artige Eheschließung die bayrische Staatsangehörigkeit. Die früher in dieser
Hinsicht bestehende Streitfrage hat ihre Bedeutung verloren.
? Seydel, Ann.D.R. (1876) 138; Seydel-Piloty, Bayrisches Staatsrecht
1 145, 156; v. Rönne, Preußisches Staatsrecht ($ 131) 214 N. 5c; Zorn in
der 5. Aufl. dess. 1,48) 1 612 N. 1; v. Sarwey, Württembergisches Staats-
recht 1 160. Über Einzelfragen betreffs der in $$ 2—5 normierten Materien
vgl. de oben Kr Anm. 1 zit. Abh. von Sartorius,
tAGr. .