948 Zweiter Teil, Erstes Buch. $ 76.
dem Staat und dem einzelnen®, Sie kann sowohl bei Ausländern
als bei Angehörigen anderer deutscher Staaten vorkommen; die
Voraussetzungen sind für beide Teile wesentlich verschieden.
Die Erteilung der Staatsangehörigkeit an Ausländer, d.h. an
Personen, welche nicht reichsangehörig sind, heißt Einbürge-
rung. Die Einzelstaaten sind grundsätzlich nicht verpflichtet,
eine solche Einbürgerung vorzunehmen. Ihre Berechtigung dazu
ist an gewisse Voraussetzungen geknüpft, von denen sie nicht
dispensieren dürfen'®. Diese Voraussetzungen sind: 1. Geschäfts-
fähigkeit des Einzubürgernden nach den Gesetzen seiner bisherigen
Heimat oder nach den deutschen Gesetzen; die mangelnde Üe-
schäftsfähigkeit kann durch Zustimmung des gesetzlichen Ver-
treters ersetzt werden !!; 2. unbescholtener Lebenswandel; 3. Fähig-
keit, an dem Orte der Niederlassung !? eine eigene Wohnung oder
ein Unterkommen zu finden; 4. Fähigkeit, an dem Orte nach den
% So faßt sie Laband, Staatarecht ($ 18) 1 166, 167, Kl. A. 52 auf, der
geneigt ist, überall da einen Vertrag anzunehmen, wo eine Willensüberein-
stimmung zwischen Staat und einzelnen vorliegt. Mit ihm stimmt überein
Seydel-Piloty, Bayrisches Staatsrecht 1 145 f.; Rehm in Ann.D.R. (1885) 118 ff.
der aber später, Allg. Staatsl. 137 Anm. 2, seine Ansicht geändert hat);
ellinek, System 209. Die Ansicht von Milner a. a. O. 16ff., daß die Ver-
leihung der Staatsangehörigkeit ein Verwaltungsakt sei, dem aber eine ver-
tragsmäßige Vereinbarung zwischen dem einzelnen und der Verwaltung
vorhergehe, ist ebenfalls nicht zutreffend. Der Verleihung durch die Ver-
waltung geht ein Gesuch des einzelnen, aber keine vertragsmäßige Verein-
barung vorher. Auch die Bezeichnung der Verleihung als eines zweiseitigen
Rechtsgeschäftes (v. Sarwey, Württembergisches Staatsrecht 1 165) erscheint
nicht korrekt. Der rechtlich entscheidende Akt ist der einseitige Akt der
Verwaltung; der Antrag des einzelnen auf Verleihung bildet keinen in-
tegrierenden Bestandteil dieses Aktes, sondern nur eine Voraussetzung für
Vornahme desselben. ereinstimmend: Zorn, Staatsrecht des Deutschen
Reiches 1 357; Entsch. Pr. OVG. 18 414, 27 413; Sartorius im Verw.Arch. 7 372;
O. Mayer im Arch.Off.R. 8 47; Radnitzky, Parteiwillkür im öffentlichen
Becht 59 ff.; Leoni, Öffentliches Recht von Elsaß-Lothringen 20; Dantscher
v. Kollesberg, Die politischen ‚Rechte der Untertanen, Lief. II 79 ff.; Rehm,
Allgem. Staatsl. 137 Anm. 2; Anschütz, Enzyklop. 85; Fleiner, Institutionen
161, ai Arndt, Reichsstaatsr. 67; Bazille und Köstlin, Staatsangehdrig-
eit 123,
10 Laband, Staater. 1 170ff.; Riedel, Reichsverfassung 251; Zorn, Reichs-
staater. 1.358; v. Rönne, Preußisches Staatsrecht ($ 131) 2 19 N. 2; Zorn in
der 5. Aufl. dess. 1 616; Seydel-Piloty, Bayrisches Staatsrecht 1 149 f.; Arndt,
Reichsverfassung 52 u. 58; Gaupp-Göz, Württemberg. Staatsrecht 23. —
Ein Dispensstionsrecht der Landesbehörden behauptet Th. Landgraff, Die
Einwanderung der Prinzessin Beauffremont, Ann.D.R. (1876) 1024. Er be-
gründet seine Ansicht damit, daß die Landesbehörden bei Ausführung der
eichsgesetze dieselben Rechte wie bei Ausführung der Landesgesetze, also
auch ein Dispensationsrecht, besäßen. Dem muß entgegnet werden, daß
auch in bezug auf Landesgesetze den Landesbehörden ein Dispensations-
zecht nur goweit zukommt, als es ihnen ausdrücklich beigelegt ist. Vgl.
s 11 StAG. $ 8 Nr. 1.
132 Die Niederlassung im Inlande muß bereits erfolgt sein; die Absicht
der Niederlassung genügt nicht: StAG.$ 8 Abe. 1. Anders nach bisherigem
Recht (vgl. die Voraufl. $ 76 N. 12). Die Einbürgerung solcher, die im Aus-
lande wohnen, ist nur in den Fällen StAG. $$ 18, 15 Abs. 2 zulässig.