258 Zweiter Teil, Erstes Buch. $ 78.
S 78,
Wenn der (die) Angehörige eines deutschen Staates durch
Legitimation oder Verheiratung die Staatsangehörigkeit eines
anderen deutschen Staates erwirbt, so verliert er (sie) damit
gleichzeitig seine frühere Staatsangehdrigksit!. Gewinnt er dagegen
eine neue derartige Staatsangehörigkeit durch Aufnahme oder An-
stellung, so bleibt seine frühere bestehen. Es können sich dem-
nach in einer Person mehrere deutsche Staatsangehörigkeiten ver-
einigen. Auch durch Geburt, Legitimation oder Verheiratung kann
eine solche mehrfache deutsche Staatsangehörigkeit entstehen, wenn
der eheliche oder legitimierende Vater, die uneheliche Mutter
oder der Ehemann sich im Besitz mehrerer Staatsangehörigkeiten
befinden.
Die Wirkung einer mehrfachen deutschen Staatsangehörigkeit
ist die, daß der Inhaber derselben befähigt ist, in mehreren deutschen
Staaten politische Rechte auszutiben ?.,
Im Falle einer mehrfachen deutschen Staatsangehörigkeit ent-
steht die Frage, ob die Verlustgründe der Staatsangehörigkeit
nur den Verlust der Staatsangehörigkeit eines einzelnen Staates
oder den Verlust sämtlicher deutschen Staatsangehörigkeiten
zur Folge haben. Die Beantwortung derselben ist nach der Ver-
schiedenheit der Verlustgründe verschieden. Durch Legitimation
seitens eines Ausländers und durch Verheiratung mit einem
solchen erlöschen sämtliche deutschen Staatsangehörigkeiten. Die
Entlassung aus dem Staatsverbande hat nur den Verlust der
Staatsangehörigkeit des entlassenden Staates zur
Folge, wenn sie zum Zweck der Überwanderung erfolgt,
d. h. wenn der die Entlassung fordernde Staatsangehörige bei
dem Antrage auf Entlassung den Erwerb einer anderen deutschen
Staatsangehörigkeit nachgewiesen bzw. die andere deutsche Staats-
angehörigkeit sich vorbehalten hat (oben S. 254). Ist dies nicht
der Fall und daher anzunehmen, daß die Entlassung zum Zweck
der Auswanderung gefordert wird, daß mit anderen Worten
der Entlassene die Absicht hat, seine Reichsangehörigkeit über-
haupt aufzugeben, so gehen durch Erteilung der Entlassung alle
deutschen Staatsangehörigkeiten verloren®. Ebenso bewirkt die
Entziehung der Staatsangehörigkeitdurch Ausspruch
der Behörde (oben S. 256), sowie der Verlust der Staats-
1 Diese Äußerung muß Leoni übersehen haben, da er von G. Meyer(Öffentl.
Recht von Elsaß-Lothringen 1 25 N. 1) behauptet, er verträte „ohne Angabe
von Gründen“ die entgegengesetzte Meinung.
2 Eine Bedeutung kann dieselbe ferner bei Bestrafung von Hochverrat
und Majestätsbeleidigung gewinnen. Über die privatrechtlichen Folgen vgl.
Falke, Über gleichzeitige Angehörigkeit 17 ff.
® StAG. 3 20 Satz 1. Vgl. oben S. 256. Das StAG. entscheidet durch
diese Bestimmung eine früher streitige Frage (vgl. die Voraufl. $ 78 N. 3).