Der Herrschaftsbereich, $ 79. 259
angehörigkeit durch Nichterfüllung der Wehrpflicht den
Verlust sämtlicher deutschen Staatsangehdrigkeiten, welche der
Betreffende besitzt“.
8 79.
[Der Ausländer, welcher sich im Deutschen Reiche einbürgern
lassen will, braucht darum — nach deutschem Recht — seine
bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufzugeben. Ebensowenig hatte
nach dem RG. vom 1. Juni 1870 der Erwerb einer ausländischen
Staatsangehörigkeit durch einen Deutschen den Verlust der deutschen
Stasatsangehörigkeit zur Folge, Das StAG. hat dies, wie bereits
hervorgehoben, (oben 257) geändert. Es hat den insbesondere im
französischen Recht! ausgebildeten Grundsatz, wonach durch Natura-
lisation in einem fremden Staate die bisherige Staatsangehörigkeit
des Naturalisierten erlischt, übernommen und dahin formuliert,
daß der Verlust der (d. h. jeder) deutschen Staatsangehörigkeit
eintritt, wenn ein Deutscher, der im Inlande weder seinen Wohn-
sitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat, eine außerdeutsche
Staatsangehörigkeit auf seinen, bzw. seines gesetzlichen Vertreters
Antrag erwirbt, — m. a. W. sich im Auslande naturalisieren
läßt. Indessen gilt dies — vgl. StAG. $ 25 Abs. 2, 3 — nicht unbe-
schränkt und auch sonst sind Fälle möglich, in denen der Erwerb
der fremden Nationalität die deutsche nicht erlöschen läßt, also eine
Person zugleich Deutscher und Ausländer ist. Das Bestreben,
die Konflikte zu beseitigen, welche aus solcher Vereinigung mehrerer
Staatsangehörigkeiten leicht — namentlich aus Anlaß der Militär-
flicht — entstehen können, hat öfters zum Abschuß internationaler
ereinbarungen geführt, so insbesondere zu den Verträgen zwischen
dem Norddeutschen Bunde und den stiddeutschen Staaten mit den
Vereinigten Staaten von Nordamerika vom Jahre 1868°?, welche
nach dem amerikanischen Unterhändler, damaligen Gesandten der
Vereinigten Staaten beim Norddeutschen Bunde, die „Bancroft”-
Verträge genannt wurden. Ihren Bestimmungen zufolge sollen
Angehörige des einen Teils, welche fünf Jahre lang im Gebiete
des anderen Teils zugebracht haben und daselbst naturalisiert
worden sind, als dessen Angehörige betrachtet werden. Diese
Bestimmung der Bancroftverträge ist heute, unter der Herrschaft
des StAG., gegenstandslos, sofern jetzt, wie oben 257 erwähnt, die
deutsche Staatsangehörigkeit durch Naturalisation in einem fremden
* Vgl. oben S. 256.
ı Code civ. Art. 17, G. vom 26. Juni 1889. Vgl. Lebon, Verfassungsrecht
der französ. Republik (1909) 34, 35.
® Vertrag mit dem Nordd. Bunde vom 22. Febr. 1868, mit Bayern
vom 26. Mai, mit Württemberg vom 27. Juli, mit Baden vom 19. Juli, mit
Hessen vom 4. Aug. desselben Jahres. Näheres über diese Verträge vgl.
in der Voraufl. 231 fi., daselbst ist auch die einschlägige Literatur angeführt.
Diese Verträge sind an sich durch das StAG. nicht beseitigt; vgl. $ 36 des-
selben und die Begründung zum Entwurf des StAG. S. 33 (zu $ 31 des Entw.)
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