Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

274 Zweiter Teil, Zweites Buch. $ 84. 
man dahin vielfach auch das Recht, Titel, Würden und Orden zu 
verleihen und Standeserhöhungen vorzunehmen 13, Jedoch mit Un- 
recht: die Verleihung von Titeln und Würden, Orden und Adels- 
prädikaten durch den Monarchen ist nicht eine persönliche Gunst- 
erweisung, sondern eine von Staatswegen erteilte Auszeichnung: 
eine Betätigung des dem Staate als Gegenstück der Strafgewalt 
zustehenden Belohnungsrechts. Diese Betätigung hat die rechtliche 
Natur eines Regierungsakts, welcher der ministeriellen Gegen- 
zeichnung ebenso bedürftig ist wie alle sonstigen Regierungsakte 
des Monarchen a.] 
Die Verfassungen schreiben dem Monarchen Heiligkeit'* 
nicht gibt, da diese erst dem Verstorbenen gegenüber stattfindet. Über- 
einstimmend Anschütz, Enzyklop. 125. — Vgl. Preuß. Gesetz über die Landes- 
trauer vom 14. April 1903; Schwarzb.-Sondersh. V. vom 20. Mai 1903 und 
Kgl. sächs. G. vom 25. April 1904 über die Landestrauer. — Einen her- 
kömmlichen Bestandteil der monarchischen Titulatur bildet auch die Formel 
von Gottes Gnaden“. Über deren Ursprung und Bedeutung: Daniel, Die 
Kurialientormel von G. Gn. (Berlin 1902); Rehm, Modernes Fürstenrecht 8ff; 
Anschütz, Preuß, V.-Urk. 1 63—65. Die Gottesgnadenformel ist eine Ver- 
wahrung gegen das Prinzip der Volkssouveränetät; „von Gottes Gnaden“ 
soll im wesentlichen bedeuten: „nicht von Volkes Gnaden“, Darin, und 
darin allein, liegt die staatsrechtliche Bedeutung der Formel. Unrichtig ist 
es, wenn man in ihrer Anwendung bzw. Beibehaltung ein Bekenntnis des 
Gesetzgebers zu dem Satze erblicken will, daß der Monarch außer und über 
dem Staate stehe (vgl. Zitate bei Anschütz a. a. O. 65), oder wenn man darin 
eine Sanktionierung des Prinzipes der Erbmonarchie oder der monarchischen 
Unverletzlichkeit sieht (Hubrich, Forschungen zur brandenb. und preuß. Ge- 
schichte (1907) 412ff., 421 ff.; dagegen Anschütz a. a. O. 64).] 
18 [So insbes. auch noch die Voraufl. 246. Diese Anschauung wird 
auch jetzt noch in der Staatspraxis öfters vertreten. Vgl. die Außerung des 
Reichskanzlers (Bülow) im Reichstage, 5. März 1901 (Debatte über die Ver- 
leihung des Schwarzen Adlerordens an Lord Roberts), Sten. Ber. 1996: die 
Verleihung von Orden sei ein „persönliches Ehrenrecht der Krone“, für 
dessen Ausübung der Minister dem Parlament nicht verantwortlich sei. Der 
erste Reichskanzler war hierin anderer Ansicht; er hielt die ministerielle 
Gegenzeichnung bei Auszeichnungsakten „more solito“ für erforderlich: Bis- 
marck, Gedanken und Erinnerungen 2 198 5] 
» Die Auffassung des Belohnungs-, insbes. des Ordens- und Titelver- 
leihungs-, sowie des Nobilitierungsrechts als Regierungsfunktion ist in der 
Wissenschaft heute herrschend: vgl. v. Martitz in der Festschrift für Gierke 
(1910) 1 182, 185 ff.; Jellinek, System 152 N. 3; Seydel, Bayr. Staatsr. 
1 173 N. 1; Bornhak, Preuß. Staater. 1 489 ff.; Laband in der DJZ. 12 202 ff. ; 
Anschütz, Enzykl. 125 und DJZ. 4.53 ff.; v. Frisch, Verantwortlichkeit der 
Monarchen 351 ff.; Hubrich im Arch.Off.R. 29 343 ff, (der jedoch aus besonderen 
Gründen die ministerielle Gegenzeichnung von Ordens- und Titelverleihungen 
in Preußen für nicht erforderlich hält); Braun im Arch.Off.R. 16 528 ff.; 
Marschall v. Bieberstein, Verantwortlichkeit und Gegenzeichnung 499, 541 
und viele andere Schriftsteller. — Über die Einzelheiten des Ordens- und 
Titelverleihungsrechts, insbesondere über die vielumstrittene Frage, inwie- 
weit die Entziehung von Orden und Titeln zulässig ist, unterrichten am 
penten „die vorstehend angeführten Schriften von v. Martitz, Braun und 
ubrich. 
14 Bayr. Verf. Tit. II $ 1, Sächs. Verf. $4, Württ. Verf. $ 4, Bad. Verf. 
& 5, Hess. Verf. Art. 4, S.-Alt. GG. $ 4, Braunschw. N. LO. $ 3, Old. StGG. 
Art. 4 & 3, Schw.-Sond. LGG. $ 8, Schw.-Rud. GG. $ 2, Reußj. L. V.-G. vom 
20. Juni 1856 $ 5, Wald. Verf. $ 3, Schaumb.-Lipp. Verf. Art. 5.
	        
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