Die Organe. $ 86. 281
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Die älteren Bestimmungen über die Thronfolge finden sich in
den Hausgesetzen der deutschen Fürstenhäuser. Diese wurden
seit dem vierzehnten Jahrhundert erlassen, um das Erb- und
Familienrecht derselben zu regeln und dessen hergebrachte Grund-
sätze gegenüber dem Eindringen des römischen Rechtes aufrecht-
zuerhalten!. Dazu sind in neuerer Zeit die Bestimmungen der
wunden. [Selbst in der Gegenwart noch lehrt z. B. Arndt in seiner Schrift
„Können Rechte der Agnaten auf die Thronfolge nur durch Staatsgesetz
eändert werden?“ (Berlin 1900), daß der König den Staat „habe“ „wie der
ideikommißbesitzer das Fideikommißgut“ (s. hierüber die völlig ausreichenden
Glossen von Schücking, Der Staat und die Agmaten [1902] 36 ff. und von
Kulisch im Arch.Off.R. 15 602. Und Rehm, der schon in seiner Festrede
„Die staatliche Stellung des Hauses Wittelsbach“ (Erlangen 1901) 18 ähnliche
Anschauungen vorgetragen hatte, glaubt es seinem „geschichtlichen Emp-
finden“ schuldig zu sein, zu bekennen (Modernes Fürstenrecht [1904] 57, 58):
„Was das Thronfolgerecht anlangt, ist der moderne Staat noch zur Hälfte
Patrimonialstaat.... Auch die heutige deutsche Verfassungsmonarchie
ist teilweise noch Patrimonialstaat.*“ Ähnliche Sätze finden sich in Rehms
Schrift „Die überstaatliche Rechtsstellung der deutschen Dynastien“ (1907).
Übrigens möchte Rehm in der Verfechtung dieser seiner Anschauungen
offenbar lieber allein stehen, als mit Arndt und einigen anderen Sinnes-
verwandten — Kekul& von Stradonitz, Stoerk, Kohler — zusammengehen:
von Arndt, den er für „genügend widerlegt“ hält, rückt er ab, und die
wissenschaftliche Methode der anderen behagt ihm auch nicht sonderlich:
Modernes Fürstenrecht 28, 29 N.1. Es fragt sich nur, ob.es Rehm gelungen
ist, der herrschenden Auffassung der Monarchie und des Thronfolgerechts
bessere Argumente entgegenzustellen als Arndt u. a. Dies muß, bei aller
Anerkennung der Gelehrsamkeit, die Rehm auf Begründung seiner Lehre
verwandt hat, durchaus in Abrede gestellt werden. Eine Auseinandersetzung
mit ihm erübrigt sich, da er seine patrimonialen Ansichten in späteren
Schriften restlos zurückgenommen hat: Arch.Off.R. 25 393 ff., Art. „Landtag“
bei Fleischmann-Stengel 2 724, Die jurist. Persönlichkeit der standesherr-
lichen Familie (1911) 23. — Gegen die modernen Patrimonialisten vgl. vor
allem Jellinek, Staatsl. 172, 173 Anm, 1, Der Kampf des alten mit dem neuen
Recht, Ausgew. Schriften 1 411 ff., auch O. Mayer, Arch.Off.R. 21 449.] Den
staatsrechtlichen Charakter der Thronfolge heben hervor v. Gerber, St.R.
($$ 28 u. 29) 87 ff, Z. f. deutsch. Staatsr. 121f.; Held, Verf.-R. ($$ 306 ff.) 2 204 ff.
und Z. f. deutsch. Staater. 46 ff, 86 ff.; Grotefend, St.R. $$ 869 ff.; H. Schulze,
Preußisches Staatsrecht $ 55, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts ($ 91)
1 208 ff.; Ulbrich, Österreichisches Staatsrecht ($ 55) 129 f.: Seydel-Piloty,
Bayrisches Staatsrecht 1 94 ff., in Marquardsens Handb. 22; Bornhak, Preuß.
Staatsrecht 1 173: Derselbe in Ann.D.R, (1904) 62; Jellinek, System 147;
Anschütz, Enzyklop. 128 ff.; Schücking, Der Staat und die Agnaten 17 ff.;
Schwartz, Kommentar zur preuß. Verf.-Urk. (zu Art. 53); Binding, Das Thron-
folgerecht der Kognaten im Großherzogtum Luxemburg (Leipz. DekErogr
1900) 34 ff.; Triepel, Die Thronfolge im Fürstentum Lippe (1903) 107 ff.;
Freund, Die Regentschaft nach preußischem Staatsrecht (Breslau 1903) 82;
O. Mayer, Sächs. Staatsr. 47 ff.
1 Über die Geschichte der deutschen Hausgesetzgebung vgl. H. Schulze,
Die Hanagesetze der deutschen Fürstenhäuser (als Anhang zu Stobbes Ge-
schichte der deutschen Rechtsquellen Bd. 2), Braunschweig 1864; E. Meier,
Art. „Hausgesetze“ in v. Holtzendorfis Rechtslexikon 2 296 fi.; Heffter, Die
Sonderrechte der souveränen und der mediatisierten, vormals reichsständischen
SER. (8 g: 341 f.; Zöpfl, St.R. ($ 248) 1 688 ff, noch nicht völlig über-