Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

304 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 9%. 
ausdrücklichen Ausspruch erfordern. Eine solche vorzunehmen ist 
der Staat staatsrechtlich befugt2, da er das Recht besitzt, die be- 
stehende Thronfolgeordnung zu ändern. Niemals dürfen die An- 
sprüche der Erbverbrüderten zu einer Teilung des Staatsgebietes 
führen ®. Neue Erbverträge erfordern die Zustimmung der gesetz- 
gebenden Organe und zwar regelmäßig unter Beobachtung der für 
Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Formen *. 
Ehemalige kaiserliche Eventual- oder Gesamtbeleh- 
nungen sind dagegen nicht mehr als Rechtstitel für eine Re- 
gierungsnachfolge in den deutschen Staaten anzusehen. Der Lehns- 
verband, in dem die deutschen Territorien früher standen, hat mit 
der Auflösung des deutschen Reiches aufgehört zu existieren. 
Durch das Aussterben eines deutschen Fürstenhauses findet keine 
Lehnseröffnung statt, welche die notwendige Voraussetzung des 
Eintrittes eines Eventualbelehnten ist®. Ebensowenig kann durch 
den ehemaligen Besitz von lehnsherrlichen Rechten ein Sukzessions- 
anspruch begründet werden. Da die deutschen Staaten keine Lehen 
mehr sind, so ist auch kein Heimfall derselben an den Lehns- 
s Daß der Staat sich hierdurch völkerrechtlich verantwortlich machen 
würde (so die 4. Aufl. dieses Lehrb. 237), ist unrichtig, weil die alten Erb- 
verbrüderungen keine völkerrechtlichen Verträge sind. Anders liegt die 
Sache natürlich, wenn die Erbverbrüderung nicht zwischen Dymastie und 
Dynastie, sondern zwischen Staat und Staat abgeschlossen ist. Dann liegt 
eine völkerrechtliche Bindung vor. Richtig Triepel, Völkerrecht und Landes- 
recht 287. 
8 So mit Recht Pagenstecher, Tbronfolge in Hessen 106 ff.; van Calcker, 
Hess. Staater. 26 ff, und Hess. Verfassun sgesetze 39, 40 gegen Cosack, 
Hess. Staatsr. 11. Vgl. auch Jellinek in SchmollersJ. 0 1084. [Ferner wie 
im Text: Arndt, Schwartz, O. Mayer, Bornhak a. a. O. (oben Note 1), 
besonders Bornhak in Ann.D.R. (1904) 415, letzterer mit der zutreffenden 
Ausführung, daß die alten Hausgesetze, soweit ihr Zweck in der Gewähr- 
leistung der Unteilbarkeit des Gebietes bestand, gegenstandslos geworden 
seien. Soweit sie aber dem Unteilbarkeitsgrundsatz zuwiderlaufen, Teilungen 
vorschreiben oder zulassen, sind sie aufgehoben. — Daß Rehm in diesen 
Dingen anderer Meinung ist, kam schon oben $ 87 Noten 22 u. 29 zur Sprache. 
Ihm ist die Fortgeltung der brandenburgisch -sächsisch - hessischen Erbver- 
brüderung (8. oben N. 1) und ihrer Bestimmung, daß der brandenburgisch- 
reußische Mannsstamm nach seinem Aussterben von den Häusern Sachsen und 
essen je zur Hälfte beerbt wird, garnicht zweifelliaft (Mod. Fürstenr. 49 ff.). 
Danach wäre also in dem bezeichneten Falle der preußische Staat auf dem 
Opferaltar des Legitimismus in zwei Hälften zu zerlegen. 
* Grotefend, St.R. $ 382; H. Schulze, Preußisches Staatsrecht 8 59, 
Lehrbuch des deutschen Staatsrechtes ($ 102) 1 241; E. Meier in v. Holtzen- 
dorffs Rechtslexikon 8 886; im wesentlichen übereinstimmend auch Zöpfl, St.R. 
($ 255) 1 722; ganz übereinstimmend Anschütz. Enzyklop. 132. 
8 Für das Sukzessionsrecht der Eventualbelehnten erklären sich; 
H. A. Zachariä, St.R. G 74) 1 385: Zöpfl, St.R. ($ 258) 1 728; v. Gerber, 
Grundzüge ($ 29) 91; Mejer, Einleitung 136; H. Schulze, Lehrbuch des 
deutschen Staatsrechtes ($ 104) 1 242; dagegen: Held, System $ 340; Grote- 
fend, St.R. $ 380. Die Anhänger des Sukzessionsrechtes berufen sich darauf, 
daß durch die Eventualbelehnung ein dingliches Recht begründet werde. 
Diese Argumentation findet aber nur auf privatrechtliche I,ehnsbesitzungen 
Anwendung; es gibt keine dinglichen Rechte an Staaten, [denn Staaten sind 
nicht Sachen, sondern Personen].
	        
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