308 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 91.
Gegenstand der Thronfolge ist lediglich die Staatsgewalt.
Die privatrechtliche Erbschaft des verstorbenen Monarchen geht
nach den Regeln des Zivilrechtes über®. Auch die Familiengüter,
welche an den jeweiligen Landesherrn fallen sollen, sind nicht
Gegenstand der T'hronfolge, sondern einer besonderen privatrecht-
lichen (fideikommissarischen) Erbfolge.
Der Übergang der Staatsgewalt findet ipso jure statt?. Dieser
Grundsatz hat sich zwar geschichtlich auf der Grundlage alt-
deutscher Rechtssätze privatrechtlichen Charakters („der Tote erbt
den Lebendigen“, „le mort saisit le vif“) entwickelt; er findet
jedoch seine Rechtfertigung in dem Wesen des Staates, welcher in
einem Momente eines Trägers seiner Gewalt entbehren kann. Die
bei der Thronbesteigung üblichen Formalitäten sind ohne recht-
liche Bedeutung. Auch die dem antretenden Monarchen auf-
erlegte Pflicht, die Beobachtung der Staatsverfassung eidlich oder
bei fürstlichem Wort anzugeloben®, ist kein notwendiges Er-
fordernis für die rechtliche Ausübung der Regierungsrechte?,
seien, welche nicht verletzt werden dürfen, jetzt nicht mehr maßgebend.
Es liegt endlich kein Grund vor, die später geborenen Nachkommen des-
jenigen, welcher schon vor dem Anfall der Krone verzichtet, anders zu
ehandeln als die nachträgliche Deszendenz desjenigen, der nach bereits
erfolgtem Regierungsantritt entsagt. Ubereinstimmend: Seydel, Bayrisches
Staatsrecht 1 100; Cosack, Hessisches Staatsrecht 9; v. Stengel, Preuß. Staats-
recht 43; Wielandt, Baden. Staatsr. 30 N. 2; Rehm a. a. O. 414 ff. stimmt dieser
Ansicht nur soweit zu, als eg sich um bereits erzeugte bzw. empfangene
Abkömmlinge des Verzichtenden handelt. Gegen ihn zutreffend Abraham,
Thronverzicht 119 Anm. 1.
6 Dies stellt Zöpfl, St.R, G 264) 1 744 mit Unrecht in Abrede, da im
Vermögensverkehr auch der Monarch den privatrechtlichen Vorschriften
unterliegt. Selbstverständlich können aber durch die Verfassungen oder
Hausgesetze andere Bestimmungen getroffen sein.
„Der Kronerwerb ist kein Willensakt“: Rehm a. a, O. 417 ff. Über
gelegentliche unbegründete Angrifie egen diesen Fundamentalsatz des
eutschen Thronfolgerechtes vgl. Anschütz, DJZ. 18 1284, 1285; Menner,
JW. 42 534 ff.
8 Die Versicherung ist abzugeben in Gegenwart des Landtages nach,
der Preuß. Verf. Art. 54, in einer feierlichen Versammlung des Staats-
ministeriums unter Zuziehung von Staatsräten, Deputationen oder Präsidenten
der Kammern nach der Bayr. Verf. Tit. X ie Sächs. Verf. $ 138 Reuß ä,L.
Verf. $ 87, schriftlich nach der Württ. Verf. $ 10, Hess. Verf. Art. 106, S.-Weim.
GG. 88 67 u. 68, S.-Mein. GG. Art. 107, S.-Kob.-Goth. StGG. 88 157 und 158,
Braunschw. N, LO. 8 4, Old. StGG. Art. 197 und 198. Schw.-Sondh. LGG.
$ 18, Schw.-Rud. GG. 8 47, Reuß j L. StGG. 8 108, Wald. Verf. $ 17 u. 18.
— Eine eidliche Versicherung verlangen von den angeführten Verfassungs-
gesetzen das preuß., bayr., .-kob.-goth., oldenb. und wald.
’R.v. Mohl, Württemb. Staatsr. $ 27 stellt die Ansicht auf, daß in
Württemberg bis zur Abgabe der Versicherung die Verfassung beobachten
zu wollen, nur cine tatsächliche, nicht eine rechtliche Ausübung der Re-
ierungsrechte stattfinde und daß die Verweigerung der Angelobung einen
erzicht auf die Regierung enthalte. Sie ist aber weder durch den Wort-
laut, noch durch die Entstehungsgeschichte der württembergischen Verfassung,
noch auch durch einen Hinweis auf die älteren Rechtszustände Württember
zu rechtfertigen. Die Theorie ist von v. Rönne, Preußisches Staatsrecht
(4. A.) ($ 156) 2 343 für Preußen akzeptiert worden, während alle übrigen