Die Organe. $ 92. 315
Ausübung der monarchischen Befugnisse an Stelle
des verhinderten Monarchen®®, Dem Regenten stehen alle
Regierungsrechte des verhinderten Monarchen zu®*, soweit die
Verfassung nicht spezielle Ausnahmen enthält®®, Derselbe kann
also namentlich unter Beobachtung der Formen der Verfassungs-
gesetzgebung auch das Staatsgrundgesetz des Landes abändern ®®,
Doch ist der Regent nach einzelnen Verfassungen verpflichtet, bei
wichtigen Angelegenheiten die Zustimmung der Agnaten®? oder
das Gutachten des Regentschaftsrates einzuholen. Als solcher
fungiert in der Regel das Staatsministerium oder die höchste
Landesbehörde®®,
wendig wird, gar keine Thronerledigung stattfindet, so kann man auch nicht
von einer Thronfolge sprechen. Übereinstimmend: Seydel-Piloty, Bayrisches
Staatarecht 1 117.
2 [Die Regentschaft ist, wie die Stellung des Monarchen im Staat,
Organschaft im Staat, und zwar eine unmittelbare Organschaft. Über-
einstimmend Jellinek, Staatsl. 547, 548, System 153, 154, Ausgewählte Schriften
2% 171; Anschütz, Enzykl. 135. And, M, z, B. Brie im WStVR, 8 255.]
% Preuß. Verf. Art. 58, Bayr. Verf. Tit. II $ 15, Sächs. Verf. $ 12,
yürtt, Verf. $ 15, Old. StGG. Art. 25, Schwarzb.-Sondh. LGG. $ 17, Wald.
erf. .
Solche Ausnahmen kommen allerdings in den deutschen Verfassungen
mehrfach vor. Nach der Bayr. Verf. Tit. II $ 18 dürfen während der
Regentschaft die erledigten Ämter mit Ausnahme der Justizstellen nur provi-
sorisch besetzt, Krongüter nicht veräußert, heimgefallene Lehen nicht ver-
liehen, neue Amter nicht eingeführt werden. Vgl. G. vom 26. Oktober 1887.
In der Württ. Verf. $ 15 (dazu G. vom 15. Juli 1911) ist dem Regenten
untersagt die Vornahme von Standeserhöhungen, die Errichtung neuer Ritter-
orden und Hofämter, die Verleihung heimgefallener Lehen. Auch gelten
Abänderungen der Verfassung nur Für die Dauer der Regentschaft. Das
Schw.-Sondh. LGG. $ 17 schließt während der Dauer der Regentschaft
Verfassungsänderungen aus, welche die Rechte des Fürsten schmälern oder
demselben neue Verpflichtungen auferlegen.
8 Die Frage, ob ein Regent zum Erlaß eines neuen Grundgesetzes
befugt sei, ist namentlich mit Rücksicht auf die vom König Georg IV. von
England als Regent des Herzogtums Braunschweig während der Minder-
jährigkeit des Herzogs Karl erlassene Landschaftsordnung vom 25. April 1820
erörtert worden. Vgl. Zöpfl, Die Regierungsvormundschaft im Verhältnis
zur Landesverfassung, 1830. Für Bayern behauptete Seydel, Bayrisches
Staatsrecht (1. Aufl.) 1 479 ff., die Unzulässigkeit von Verfassungsänderungen
während der Regentschaft. Er hat diese Ansicht aber später zurückgenommen
Recht der Regentschaft in Bayern, München 1886, in Marquardsens Hand-
uch 937 ff., Staatsrecht (2. Aufl.) 1 241 ff., (8. Aufl.) 1125 ff. (bemerkenswert die
Anderungen und Zusätze des Herausgebers der 3. Aufl., Pilotys S. 125 Anm. 9).
ereinstimmend: Hancke a.a. 0. 451f.; Peters a. a. O. 52; Dieckmann a. a. O.;
Stölzle, Verfassungsänderung während der Regentschaft nach bayrischem
Staatsrecht im Arch ÖER. 10 1ff.; Dyroff in Ann.D.R. (100) 402ff. Vgl. auch
die bei Menner, Ann.D.R. (1918) 642 ff. angegebene Spezialliteratur über die
1913 beendigte Hegentschaft in Bayern. — Kobler in Ann.D.R. (1888) 1 ff. er-
klärt den Ausschluß von Verfassungsänderungen während bestehender Regent-
schaft für unzulässig. Aber die von ihm herangezogene Analogie der lex in
perpetuum valitura ist nicht zutreffend. Dieselbe Ansicht vertritt Stölzle a.a.O.
® Namentlich bei Verfassungsänderungen. Sächs. Verf. $ 12, Old.
StGG. Art, 25.
y hs Day. Verf. Tit. 118 19, Sächs, Verf. $ 14, S.-Alt. GG.8 17, Reuß &.L.
e .