Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

316 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 93. 
Der Regent, obwohl Stellvertreter des verhinderten Monarchen, 
bleibt Untertan®®. Es steht ihm daher weder die monarchische 
Titulatur noch ein Anspruch auf die Insignien des Monarchen zu. 
Seine Integrität ist durch besondere Strafgesetze geschützt, aber 
Verletzungen des Regenten werden nicht gleich denen des Mon- 
archen bestraft*°. Er hat auch prinzipiell keine Unverantwortlich- 
keit für sich in Anspruch zu nehmen. Doch gehen die neueren 
Verfassungen entschieden von dem Grundsatze aus, daß er für 
seine Regierungshandlungen keinerlei Verantwortung trägt. 
Da für die staatlichen Akte des Regenten das Erfordernis der 
Gegenzeichnung durch verantwortliche Minister besteht, so sind in 
diesen die verantwortlichen Träger für seine Regierungshandlungen 
gegeben; er selbst ist insoweit unverantwortlich. Auch findet auf 
den Regenten weder die Ministeranklage noch das Disziplinarver- 
fahren gegen Beamte Anwendung. Dagegen bleibt der Regent 
für solche Handlungen, welche er als bloßer Privatmann vor- 
nimmt, verantwortlich. Völlig selbstverständlich erscheint dies in 
zivilrechtlicher Beziehung, da bei bürgerlichen Klagen selbst der 
Monarch vor den Gerichten seines Landes zu Recht steht. Aber 
auch der Strafe für etwa begangene Verbrechen ist der Regent 
nicht entzogen; es kann nur während der Dauer der Regentschaft 
eine Anklage gegen ihn nicht erhoben werden #1, Der Regent muß 
39 Übereinstimmend: Seydel-Piloty, Bayrisches Staatsrecht 1 116, 131; 
Hancke a. a. O. 58; Graßmann a. a. O. 526. — And. Ans.: v. Kirchenheim, 
Lehrbuch des deutschen Staatsrechts 202; Bornhak, Preußisches Staatsrecht 
1 206 ff.; Peters a. a. O. 59; Stölzle, Die rechtliche Verantwortlichkeit des 
Regenten 12 ff. und Arch.Off.R. 10 25. 
 RStGB. $$ 96, 97, 100, 101. 
#ı Darüber, daß der Regent während der Dauer der Regentschaft nicht 
zur Verantwortung gezogen werden kann, herrscht ziemlich Einstimmigkeit. 
Für die Fortdauer der Unverantwortlichkeit auch nach beendeter Regent- 
schaft ohne Unterscheidung von Regierungsakten und Privathandlungen 
erklären sich: v. Gerber, Grundzüge ($ 34) 109; Zöpfl, St.R. (3 243 1 679; 
H. Schulze, Preußisches Staatsr. $ 70, Lehrb. des deutschen Staatsr. ($ 113) 
1 267; R. v. Mohl, Württembergisches Staatsrecht $ 63; v. Kirchenheim, 
Regentschaft 104 ff., Lehrbuch des deutschen Staatsrechts 202; Brockhaus 
a. 8. 0. 323; Binding, Handb. deutsch. Strafrechts 1 670; Hancke a. a. O. S4ff.; 
Peters a. a. O. 60; Dieckmann a. a.0. 33fl.; Graßmann a. a. O. 527 ff; v. Stengel 
in Marquardaene Handbuch 45; v. Liszt, Lehrb. des deutschen Strafrechtes 
116, 117: Stölzle, Die rechtliche Verantwortlichkeit des Regenten, Würzburg 
1894; Pieper, Die Unverantwortlichkeit des Regenten (1901). Dagegen: 
Maurenbrecher, Regierende deutsche Fürsten 141 N.1; H. A. Zachariä, St.R. 
($ 82) 1 420; Held, System ($ 362) 2 295; Grotefend, St.R. $ 430; v. Sarwey, 
Württembergisches Staatsrecht 1 66 ff. Zweifelhaft äußert sich v. Rönne, 
Preuß. Staatsr. ($ 49) 1 185. Mit den hier entwickelten Ansichten stimmen 
überein: Seydel, Bayrisches Staatsrecht 1 131 ff.; Anschütz, Enzykl. 135; 
Jellinek, Ausgew. Schriften und Reden 2 173; Otto Mayer, sächs. Staatsr. 111; 
Brie im WStVR. 8 255; Seidler, Studien 68 und anscheinend auch Zorn in 
der 5. Aufl. von v. Rönnes preuß. Staatsr. 1 240 N. 2, [v. Frisch, Verant- 
wortlichkeit 138 ff., der ausführlich über die Frage referiert, begeht den Fehler, 
nicht zwischen Regierungs- und Privathandlungen zu unterscheiden (derselbe 
Fehler bei Freund, Regentschaft 86 ff), Er gelangt infolgedessen zu teil- 
weise unrichtigen Ergebnissen. So z. B. zu dem Satz (a. a. O. 145), der
	        
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