Die Organe. $ 2. 317
ebenso wie der Monarch die Beobachtung der Staatsverfassung
feierlich geloben #2,
Die privatrechtlicheVormundschaft über den minder-
jährigen Monarchen ist von der Regentschaft verschieden und kein
‚Gegenstand staatsrechtlicher Erörterung.
Die Regentschaft überhaupt hört auf mit dem Wegfall
des Grundes oder dem Tod des Monarchen. [Im letzteren
Falle hört sie ipso iure auf; sollte der Nachfolger wiederum
regierungsunfähig sein, so müßte eine neue Regentschaft eingeleitet
werden. Im ersteren Falle ist die Regentschaft aufzuheben und
zwar ist über den Wegfall ihrer Voraussetzungen von denselben
Faktoren zu beschließen, welche zur Feststellung des Eintritts
dieser Voraussetzungen zuständig waren. Soweit also, wie z. B.
in Preußen (vgl. oben Anm. 16) ein. Beschluß des Landtags auch
im Falle der Minderjährigkeit des Königs erforderlich ist,
würde der Landtag gleicherweise über die Tatsache der Volljährig-
keit und das hierdurch bedingte Aufhören der Regentschaft formell
zu beschließen haben &.] Die Regierung des einzelnen Regenten
Regent könne während der Regentschaft überhaupt nicht zur Verantwortun
gezogen werden, -— was doch nur zutrifft mit dem Vorbehalt: außer zivil-
rechtlich wegen Privathandlungen. Unrichtig, weil zuweitgehend, ist es
auch, daß der Regent nach Ablauf der Regentschaft strafrechtlich verant-
wortlich gemacht werden könne. Dies ist nur möglich, wenn es sich um
Privatakte handelt; wegen seiner Regierungstätigkeit kann der Regent in
keiner Form (weder zivil- noch strafrechtlich) und zu keiner Zeit (weder vor
noch nach Ablauf der Regentschaft) zur Verantwortung gezogen werden.
Aus Regierungshandlungen des Regenten entsteht dem Staate überhaupt
kein Strafanspruch (absoluter persön icher Strafausschließungsgrund), auch
nicht durch das Aufhören der Eigenschaft als Regent; aus Privathandiungen
entsteht der Anspruch, ist aber zur Zeit, bei währender Regentschaft, un-
realisierbar (aufschiebend wirksames Prozeßhindernis), Volle Gleichstellung
des Regenten mit dem Monarchen im Punkte der Unverantwortlichkeit besteht
nur da, wo sie durch das Gesetz ausdrücklich statuiert ist, wie in Hessen
(Regentschaftsgesetz v. 1902 Art. 6) und in S.-Kob.-Goth. BtGG. $ 21). Dort
kann nach Ablauf der Regentschaft der Regent auch wegen privater
Handlungen nicht strafrechtlich verfol werden,
42 Preuß. Verf. Art. 58, Bayr. Verf. Tit. Il $ 16, Sächs. Verf. $ 188,
Württ. Verf. $ 14, Hess. G. v. 1902 Art. 6 Abs. 2, 11 (Aufhebung des Art. 107
der Verf.), S.-Weim. RGG. $ 69, S.-Mein. GG. Art. 107, S.-Kob.-Goth. StGG.
157, Brauuschw. N. LO. $ 20. Old. StGG. Art 197 $ 2, Schw.-Sondh. LGG.
18, Schw.-Rud. GG. $ 47, Reuß &. L. Verf. $ 87; Reuß j. L. $ 9 (G. vom
. Nov. 1893), Wald. Verf. $ 21.
& Übereinstimmend: Schwartz, Komm. 166; Hancke a. a. O. 40 und Graß-
mann a. a. O. 513; Freund a. a. O. 63. Meistens wird ein formelles Auf-
hebungsverfahren mit Beschluß des Landtags oder (wie in Württemberg und
Sachsen,oben Anm. 18)der Agnaten und des Landtags nur bei Regentschaft wegen
Geisteskrankheit oder sonstiger Regierungsunfähigkeit, nicht dagegen bei Re-
gentachaft wegen Minderjährigkeit gefordert; so auch die V oraufl. (5.285). Dieser
standpunkt ist vom Gesetzgeber ausdrücklich rezipiert in Hessen (tegent-
schaftsgesetz v. 1902 Art. 9), Oldenburg (StGG. Art. 26) und S.-Kob.-Goth.
(StGG. $ 18). In den anderen Ländern ist, wegen Schweigens der Ver-
fassungen, die Frage meist sehr bestritten. Vgl. für Preußen v. Roenne-Zorn,
Preuß. Staatsr. 1 240, 241; Arndt, Komm. 224; Bornhak, Preuß. Staater. 1219 ff.;
Freund a. a. O. 63ff.; für Bayern v. Seydel-Piloty 1 134ff.; für Sachsen
O. Mayer, Sächs. Staatsr. 111 ff.