Einleitung. $ 6. 21
der Staatsgewalt. Der Begriff des Trägers der Staatsgewalt ist
in Monarchien endlich beim Eintritt einer Regentschaft von
Bedeutung. In einem solchen Falle bleibt Träger der Staats-
gewalt der Monarch, als Organ des Staates fungiert dagegen an
seiner Stelle der Regent !®,
5. Der Begriff der Souveränetät!.
8 6.
Souverän etät bedeutet Unabhängigkeit von einer höheren
Gewalt.
Die Herrschaft wurde im früheren Mittelalter als ein von
Gott verliehenes Amt angesehen. Gegentiber dieser Auffassung
entwickelten sich aber schon seit dem zwölften Jahrhundert die
Keime der Souveränetätslehre, welche den Monarchen als Träger
einer selbständigen Herrschergewalt auffaßt. Eine plenitudo
potestatis oder suprema potestas wurde seitens der mittel-
alterlichen Juristen auf staatlichem Gebiete lediglich dem römisch-
deutschen Kaiser als dem weltlichen Oberhaupte der Christen-
18 Der hier entwickelte Begriff des „Trägers der Staatsgewalt“ wird
nicht deshalb angenommen, weil er durch die Natur des Staates bedingt ist,
sondern deshalb, weil sich eine Reihe von Verfassungen ohne denselben
juristisch nicht konstruieren läßt. Eine Widerlegung müßte daher von den
stimmungen dieser Verfassungen ausgehen und nicht bloß mit Argumenten
operieren, welche ganz allgemeinen staatsrechtlichen Erwägungen entnommen
sind, wie dies von Landsberger, GrünhutsZ. 18 252 ff.. Affolter, Allg. Staatar.
10 N 8, B. Schmidt, Der Staat 112 ff. geschieht. Insbesondere kann gegen
den Begriff des Trägers der Staatsgewalt nicht eingewendet werden, daß
derselbe mit der Auffassung des Staates als Persönlichkeit unvereinbar oder
ein Festhalten an überlebten patrimonialen Anschauungen sei und zur
Herrschertheorie führe. Denn der Grundsatz, daß die Herrschaftsrechte dem
Staate zustehen, bleibt durch die Annahme eines Trägers der Staatsgewalt
ganz unberührt. Andererseits dürfen Bestimmungen über den Ursprung der
staatlichen Gewalt, wie sie z. B. in der belgischen Verfassung und in der
der Vereinigten Staaten vorkommen, bei staatsrechtlichen Erörterungen nicht
ignoriert werden. Auch bei der Darstellung des deutschen Staatsrechts ist
die Charakterisierung des Monarchen als Träger der Staatsgewalt nicht „ein
Rückfall in die Theorie vom Monarchen als Subjekt der Staatsgewalt selbst“
(Jellinck, System 148 N, 6), sondern nur ein juristischer Ausdruck für die
estimmungen unserer Verfassungen, nach welchen der Monarch alle Rechte
der Staatsgewalt in sich vereinigt. Hiergegen: Jellinek, Staatsl. 552 Anm. 2.
Vgl. im übrigen $ 5 Anm. 6 a. E.
ı Zur Geschichte des Souveränetätsbegriffes vgl. Jellinek, Staatsl. 431 fl.
Gierke, Johannes Althusiue und die naturrechtlichen Staatstheorien (3. A. 1913)
139 ff.; Genossenschaftsrecht 3 199 ff., 381 ff., 452 ff., 562, 4 290 ff, 448 ff. H. Rehm,
Geschichte der Staatsrechtswissenschaft 192 f., 200 ff., 220. E. Hancke:
Bodin, eine Studie über den Begriff der Souveränetät (1894), M. Landmann,
Der Souveränetätsbegriff bei den französischen Theoretikern von Jean Bodin
bis auf Jean Jacques Rousseau (1896). A. Dock, Der Souveränetätsbegriff
von Bodin bis zu Friedrich dem Großen (1897). Die neueste Literatur über
die Geschichte des Souveränetätsbegriffes ist bereits oben $ 1 Anm. 6 an-
gegeben. — Vom Souveränetätsbegriff handelt außerdem Combothecra, La
conception de la souverainet€ in der Revue de droit public 8 241 ff.