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beiden nimmt das fürstliche Kammergut ein, dessen rechtliche
Natur außerordentlich bestritten ist*.
Die deutschen Territorien hatten, da sie ursprünglich bloße
Amtsbezirke waren, kein eigenes Vermögen. Dagegen befanden
sich die deutschen Landesherren ausnahmslos im Besitz umfang-
reicher Grundbesitzungen, deren Erträge zur Bestreitung der Kosten
sowohl der landesherrlichen Hofhaltung als der Landesregierung
dienten. Mit ihnen vereinigten sich Reichsgüter, welche als Perti-
nenzen des Amtes auf die Landesherren in ibrer Eigenschaft als
Reichsbeamte übergegangen waren. Durch privatrechtliche Geschäfte
aller Art, Kauf, Erbschaft, Verpfändung, wurde dieser Grundbesitz
fortdauernd vergrößert, namentlich wußten die Landesherren auf
diese Weise allmählich den größten Teil der Reichsbesitzungen in
ihre Hände zu bringen. Einen ansehnlichen Zuwachs erhielt der
Vermögenskomplex endlich durch die infolge der Reformation und
des RDHS. von 1803 erfolgte Säkularisation von Stifts- und
Kirchengut.
Die Gesamtheit dieser Grundbesitzungen wurde unter dem
Namen landesberrliches Kammergut zusammengefaßt, seit
dem achtzehnten Jahrhundert kam dafür auch die Bezeichnung
Domänen auf. Zum Kammergut rechnete man außerdem die
Einkünfte, welche dem Landesherrn aus nutzbaren Regalien,
Sporteln und Nachsteuern zuflossen. Da die Kosten des landes-
herrlichen Hofhaltes und der Landesverwaltung in erster Linie
auf dem Kammergut lasteten, so wurde dieses als eine Pertinenz
der Landeshoheit angesehen. Es ging regelmäßig mit derselben
auf den neuen Erwerber über, jedoch ohne daß eine entgegen-
S.-Alt. GG. 88 21—22 (erledigt durch G. vom 29. April 1874), S.-Kob.-Goth.
Hausg. Art. 79-81, Old. StGG. Art. 186, Reuß ä. L. Verf. $ 20, Wald.
Hausges. 8 23.
Infolge der vielfachen Streitigkeiten, welche namentlich in den kleineren
deutschen Territorien über das Eigentum am Kammergut stattgefunden haben,
ist eine ausgedehnte Literatur über diesen Gegenstand entstanden. Ein Ver-
zeichnis dieser Streitschriften bei H. A. Zachariä, St.R. (S 207) 2 417. Die
bedeutendsten derselben sind die bei Gelegenheit des meiningischen Domänen-
streites verfaßten: H, A. Zachariä, Das rechtliche Verhältnis des fürstlichen
Kammergutes, insbesondere im Herzogtum Sachsen-Meinigen, Göttingen 1861,
und Das Eigentumsrecht am Deutschen Kammergut, Göttingen 1864;
A. L. Reyscher, Die Rechte des Staates an den Domänen und Kammergütern,
Leipzig 1863, und Der Rechtsstreit über das Eigentum an den Domänen des
Herzogtums Sachsen-Meinigen, Leipzig 1865. Vgl. die Besprechungen von
Zöpfl, Heidelberger Jahrbücher der Literatur 1861 (S. 449 ff.), 1864 (S. 241 ff.);
Heinze, Die Domänenfrage im Herzogtum Sachsen - Meinigen, 2.Staats.W.
19 212. V gl. außerdem: H. v. Treitschke, Art. „Domänen“, Staatswörter-
buch 8 162ft.;, H. Böhlau, Fiskus, landesherrliches und Landesvermögen im
Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, Rostock 1877; H. Böhlau, Mecklen-
burgisches Landrecht 8 17 ff.; Rintelen, Art. „Domänen“ im Handwörterb.
der Staatswissenschaften; Oelrichs, Art. „Domänen“ in v. Stengels Wörterb.
des deutschen Verw.-Rechts. Erg.-Bd. 2 30 ff.; H. Rehm, Art. „Domänen“
ebenda, Erg.-Bd. 8 57ff.; Art. „Domänen“ im WStVR. (von v. Jagemann,
Günther, Haffl, Küttner, Kümmerlen, Arthur B. Schmidt); Lade, Staatsver-
fassung, Fürstenrecht und Hausvermögen (1910).