Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

320 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 94. 
beiden nimmt das fürstliche Kammergut ein, dessen rechtliche 
Natur außerordentlich bestritten ist*. 
Die deutschen Territorien hatten, da sie ursprünglich bloße 
Amtsbezirke waren, kein eigenes Vermögen. Dagegen befanden 
sich die deutschen Landesherren ausnahmslos im Besitz umfang- 
reicher Grundbesitzungen, deren Erträge zur Bestreitung der Kosten 
sowohl der landesherrlichen Hofhaltung als der Landesregierung 
dienten. Mit ihnen vereinigten sich Reichsgüter, welche als Perti- 
nenzen des Amtes auf die Landesherren in ibrer Eigenschaft als 
Reichsbeamte übergegangen waren. Durch privatrechtliche Geschäfte 
aller Art, Kauf, Erbschaft, Verpfändung, wurde dieser Grundbesitz 
fortdauernd vergrößert, namentlich wußten die Landesherren auf 
diese Weise allmählich den größten Teil der Reichsbesitzungen in 
ihre Hände zu bringen. Einen ansehnlichen Zuwachs erhielt der 
Vermögenskomplex endlich durch die infolge der Reformation und 
des RDHS. von 1803 erfolgte Säkularisation von Stifts- und 
Kirchengut. 
Die Gesamtheit dieser Grundbesitzungen wurde unter dem 
Namen landesberrliches Kammergut zusammengefaßt, seit 
dem achtzehnten Jahrhundert kam dafür auch die Bezeichnung 
Domänen auf. Zum Kammergut rechnete man außerdem die 
Einkünfte, welche dem Landesherrn aus nutzbaren Regalien, 
Sporteln und Nachsteuern zuflossen. Da die Kosten des landes- 
herrlichen Hofhaltes und der Landesverwaltung in erster Linie 
auf dem Kammergut lasteten, so wurde dieses als eine Pertinenz 
der Landeshoheit angesehen. Es ging regelmäßig mit derselben 
auf den neuen Erwerber über, jedoch ohne daß eine entgegen- 
S.-Alt. GG. 88 21—22 (erledigt durch G. vom 29. April 1874), S.-Kob.-Goth. 
Hausg. Art. 79-81, Old. StGG. Art. 186, Reuß ä. L. Verf. $ 20, Wald. 
Hausges. 8 23. 
Infolge der vielfachen Streitigkeiten, welche namentlich in den kleineren 
deutschen Territorien über das Eigentum am Kammergut stattgefunden haben, 
ist eine ausgedehnte Literatur über diesen Gegenstand entstanden. Ein Ver- 
zeichnis dieser Streitschriften bei H. A. Zachariä, St.R. (S 207) 2 417. Die 
bedeutendsten derselben sind die bei Gelegenheit des meiningischen Domänen- 
streites verfaßten: H, A. Zachariä, Das rechtliche Verhältnis des fürstlichen 
Kammergutes, insbesondere im Herzogtum Sachsen-Meinigen, Göttingen 1861, 
und Das Eigentumsrecht am Deutschen Kammergut, Göttingen 1864; 
A. L. Reyscher, Die Rechte des Staates an den Domänen und Kammergütern, 
Leipzig 1863, und Der Rechtsstreit über das Eigentum an den Domänen des 
Herzogtums Sachsen-Meinigen, Leipzig 1865. Vgl. die Besprechungen von 
Zöpfl, Heidelberger Jahrbücher der Literatur 1861 (S. 449 ff.), 1864 (S. 241 ff.); 
Heinze, Die Domänenfrage im Herzogtum Sachsen - Meinigen, 2.Staats.W. 
19 212. V gl. außerdem: H. v. Treitschke, Art. „Domänen“, Staatswörter- 
buch 8 162ft.;, H. Böhlau, Fiskus, landesherrliches und Landesvermögen im 
Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, Rostock 1877; H. Böhlau, Mecklen- 
burgisches Landrecht 8 17 ff.; Rintelen, Art. „Domänen“ im Handwörterb. 
der Staatswissenschaften; Oelrichs, Art. „Domänen“ in v. Stengels Wörterb. 
des deutschen Verw.-Rechts. Erg.-Bd. 2 30 ff.; H. Rehm, Art. „Domänen“ 
ebenda, Erg.-Bd. 8 57ff.; Art. „Domänen“ im WStVR. (von v. Jagemann, 
Günther, Haffl, Küttner, Kümmerlen, Arthur B. Schmidt); Lade, Staatsver- 
fassung, Fürstenrecht und Hausvermögen (1910).
	        
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