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bzw. das Recht der Teilnahme an den Gemeindewahlen in einer
Gemeinde des Staates!?, Zahlung einer direkten Steuer an den
Staat oder die Gemeinde!®, — Das Wahlrecht ruht bei den zum
aktiven Heere gehörigen Militärpersonen mit Ausnahme der Militär-
beamten !%,
[Jeder Wahlberechtigte hat eine Stimme. Doch ist in manchen
Staaten das sog. Pluralwahlrecht eingeführt: ein auf dem
Prinzip der Ungleichheit beruhendes Wahlrechtsystem, wonach
gewissen Wählerkategorien, die nach Ansicht des Gesetzgebers
eine Bevorzugung verdienen, mehrere Stimmen („Zusatzstimmen‘“)
zustehen 2].
Dem Wahlrecht steht vereinzelt eine Wahlpflicht gegenüber,
die Surch Androhung von Geldstrafen oder Kostenersatz akzentuiert
wird b.
Passives Wahlrecht heißt die Fähigkeit, gewählt werden
zu können. Das passive Wahlrecht setzt mindestens dieselben
sondern ist gleichbedeutend mit Dispositionsfähigkeit. Vgl. v. Rönne, Preuß.
Staatsr. ($ 59) 1 238 N. 5; Zorn in der 5. Aufl. dess. ($ 25) 1 310 N. 1;
H. Schulze, Preuß. Staatsr. G 160) 1 588 N. 1, Lehrb. des deutschen Staats-
rechts ($ 176) 1 466. — Vgl. auch S.-Kob.-Goth. StGG. 8 146 u. G. vom
17. März 1911.
12 Preuß, Verf. Art. 70 [suspendiert; vgl. oben Noten 1 und 4]. Die
V. vom 30. Mai 1849 [also das z. Z. in Preußen geltende Recht] kennt das
Erfordernis nicht. Schw.-Sondh. WG. vom 22. April 1912 $ 5 (G. vom
13. April 1881).
® Preuß. Verf. Art. 71 [suspendiert: vgl. die vorige Note], Bayr. LWG.
‘Art. 3 Nr. 3, Sächs. WG. 8 ess. LandständeG. Art. 6 Abs. 1 Nr. 8, S.-Allt.
WG, $ 6. 8.-Kob.-Goth. StGG. $ 146, Schw.-Rud. WG. $ 1, Reuß &, L.
erf. 8 55.
1 Reichsmilitärgesetz vom 2, Mai 1874 8 49. Braunschw. G. betr. die
Zusammensetzung des Landtags vom 6. Mai 1899 $ 7, S.-Mein. WG. Art. 8,
Schw.-Rud. WG. $ 2.
s Pluralwahlrecht gilt in Sachsen, Hessen und Oldenburg. In den
beiden letzten Staaten Deschränkt es sich darauf, daß Wähler höheren
Lebensalters (in Hessen diejenigen, welche das 50., in Oldenburg die, welche
das 40. Lebensjahr zurückgelegt haben: vgl. Hess. G. vom 3. Juni 1911
Art. 6 Abs. 3, Oldenb. WG. vom 17. April 1909 $ 3) eine Zusatzstimme er-
halten. Weiter ausgebaut ist das System in Sachsen (WG. vom 5. Mai 1909).
Hier kann die Zabl der Zusatzstimmen bis auf drei, die einem Wähler zu-
stehende Stimmenzahl also auf vier steigen. Der Anspruch auf die Zusatz-
stimmen kann sich nicht nur auf das Alter (Vollendung des 50. Jahres), sondern
auch auf Einkommen von einer bestimmten Höhe, Grundbesitz Vevorzupt
der land- oder forstwirtschaftlich benutzte), Besitz einer gewissen wissen-
schaftlichen Bildung stützen. Vgl. das Nähere in den $$ 11, 12 des sächs.
WG. vom 5. Mai 1909; dazu den sorglältigen Kommentar von Hettner, Wahl-
gesetze f. d. sächs. Landtag, und OÖ. Mayer, Sächs. Staatsr. 123 ff., 130 ft.
Auch Reuß j. L. hat sich mit dem neuen Wahlgesetz vom 8. Jan. 1913 dem
Pluralwahlrecht angeschlossen (WG. $ 5); zwei Stimmen gewährt ein Ein-
kommen von 1800 M., drei ein solches von 2400 M., vier von 3000 M. Zu-
satzstimmen bringt ein die Vollendung des 50. Lebensjahrs und der Nachweis
einer durch staatlich anerkannte Prüfung abgeschlossenen wissenschaftlichen
oder technischen Vorbildung (Meistertitel, Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis),
Mehr als fünf Stimmen stehen keinem Wähler zu.
b Braunschw. WG. vom 6. Mai 1899 $ 12, Wald. WG. $ 17.