Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 99. ol 
Grundsatz?”., Wo es an einer positiven Bestimmung fehlt, ist 
zwar zur Annahme der Wahl eine Genehmigung der vorgesetzten 
Behörde nicht notwendig?®, der Beamte muß aber zum Eintritt 
in den Landtag Urlaub erbitten, wenn er durch seine landtägliche 
Tätigkeit in Ausübung dienstlicher Funktionen gehindert wird ®®, 
Die Bestimmung, daß Beamte zum Eintritt in den Landtag keines 
Urlaubes bedürfen, bezieht sich jedoch nur auf die eigenen Be- 
amten des Staates, da nur diese der Gesetzgebung desselben unter- 
worfen sind. Wird der Beamte eines Staates in einem anderen 
Staate in den Landtag gewählt, so muß er bei seiner Regierung 
um Urlaub nachsuchen. Ebensowenig kann der für die Landes- 
beamten aufgestellte Grundsatz, daß eine Einholung von Urlaub 
nicht erforderlich sei, auf Reichsbeamte oder Personen des Soldaten- 
standes angewandt werden. Die Landesgesetzgebungen sind nicht 
befugt, über die dienstlichen Verhältnisse dieser Bestimmungen 
zu treffen und das Reichsbeamten- und Reichsmilitärgesetz haben 
darüber nichts festgesetzt®®. Dagegen müssen die Vorschriften 
über die Staatsbeamten auf Kommunalbeamte ausgedehnt werden, 
welche diesen in allen wesentlichen Beziehungen gleichstehen ®! 82, 
x! Sächs. Verf. & 75 (G. vom 19. Okt. 1861), Old. StGG. Art. 121, 
Reuß &. L. Verf. $ 60. "Die Bestimmungen sind sehr allgemein gehalten, ohne 
daß zwischen Genehmigung zur Annahme der Wahl überhaupt und Urlaub 
für die einzelne Session unterschieden wird. — Genauere Vorschriften ent- 
hält das S.-Mein. WG. Art. 18, welches zur Annahme der Wahl eine Ge- 
nebmigung erfordert, dagegen einen speziellen Urlaub für die einzelne 
Session nicht verlangt. So waren auch die Bestimmungen des Anh. G. vom 
19. Febr. 1872 $ 8 (aufgehoben durch das WG. vom 27. April 1913) und des 
Zivilstaatsdienergesetzes vom 22. Dez. 1875 $ 20 zu verstehen. — Die Er- 
laubnis soll in der Regel nur aus überwiegenden Gründen des Dienstes 
verweigert (Sächs. Verf. $ 75, S.-Mein. WG. Art, 18, Reuß &. L. Verf. 
8 60), die Verweigerungsgründe dem Landtag, mitgeteilt (Sächs. Verf. $ 75 
(G. vom 19. Okt. 1861 sub. V.), S.-Mein. WG. Art. 18) oder sogar die Zu- 
stimmung desselben zu der Verweigerung eingeholt werden (Old. StGG. 
Art. 121 8 2). 
28 And. Ans.: v. Gerber, St.R. $ 41 136 N. 7 und v. Campe, Lehre von 
den Landständen 819. 
»® H. A, Zachariä, St.R. ’ 115 1 644; Zöpfl, St.R. ($ 354) 2 277; Held, 
System d. Verf.R. ($ 415) 2 497 u. 498 N. 1. 
% Das Reichsbeamtengesetz vom 17. Mai 1907 $ 14 erwähnt unter den 
Abwesenheitsfällen, für welche ein Urlaub nicht erforderlich ist, nur den 
Eintritt in den Reichstag. Übereinstimmend: Thudichum, Ann.D.R. (1876) 280 ; 
v. Rönne, Preuß. Staater. ($ 59) 1 243 u. 244 N. 1b; Zorn in der 5. Aufl. 
dess. 314, 315 N. 1. Übrigens erscheint der Kaiser kraft des ihm in & 14 
eingeräumten Verordnungsrechtes befugt, festzusetzen, daß die Reichsbeamten 
zum Eintritt in den Landtag eines deutschen Staates eines Urlaubes nicht 
bedürfen. Die V. vom 2. Nov. 1874 bestimmt jedoch nichts über diesen 
Gegenstand. Vgl. übrigens $ 142 N. 7. 
sı Üjbereinstimmend: v. Rönne, Preuß. Staatsr. 1 244; Schoen, Recht 
der Kommunalverbände 153 N. 8; Schwartz, Preuß. Verf.-Urk. 231; Arndt, 
Komm. z. Preuß. Verf.-Urk., Art. 73 N. 5 und Reichsstaatsr. 138, 139. — 
Zorn in der 5. Aufl. von v. Rönnes preuß. Staater. a. a. O. 316 äußert sich 
zweifelhaft. 
#92 Über die Frage der Stellvertretungskosten vgl. $ 150.
	        
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