Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

384 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 106. 
innerhalb dieses Gebietes belegenen Grundstücke, sowie auf alle 
Personen, welche in diesem Gebiete ihren Wohnsitz oder Aufent- 
halt haben. 
Die Kommunalverbände bestehen ebenso wie der Staat aus 
einer Mehrheit physischer Personen, welche sie zu einer höheren 
Einheit zusammenfassen. Die Angehörigkeit einer Person zu 
einem Kommunalverbande knüpft entweder an die bloße Tatsache 
des Wohnsitzes derselben an, oder sie ist von einer förmlichen Er- 
werbung abhängig, welche auf Grund verschiedener Rechtstitel 
(Geburt, Verheiratung, Verleihung) stattfinden kann. Die An- 
gehörigkeit zum Kommunalverbande hat nicht die Wirkung, daß 
sie den einzelnen der Herrschaft desselben unterwirft; diese 
Unterwerfung wird schon durch den Aufenthalt im Gebiete des 
Kommunalverbandes begründet. Ihre Bedeutung liegt vielmehr 
darin, daß sie demselben Pflichten auferlegt, welche durch den 
bloßen Aufenthalt nicht begründet werden, und daß sie für den- 
selben zugleich eine Quelle von Rechten wird. Die Rechte, welche 
den Angehörigen eines Kommunalverbandes zustehen können, 
sind die Befugnis, an der Bildung der Kommunalorgane teil- 
zunehmen (insbesondere also das kommunale Wahlrecht), der An- 
spruch auf Benutzung gewisser Anstalten des Kommunalverbandes 
und auf Gewährung vermögensrechtlicher Leistungen seitens des- 
selben. 
Die Kommunalverbände erscheinen als untergeordnete Glieder 
des Staates, welche bei der Erfüllung politischer Aufgaben mit- 
wirken. [Sie sind insoweit Organe des Staates.)] Es muß 
daher Sorge getragen werden, daß ihre Tätigkeit nicht mit den 
höheren Anforderungen des Staatslebens in Widerspruch gerate. 
Aus diesem Grunde sind alle Kommunalverbände einer staatlichen 
Aufsicht unterworfen. 
III. Die staatlichen Geschäfte werden teils von solchen Per- 
sonen besorgt, welche daraus ihren Lebensberuf machen, teils von 
solchen, welche dieselben neben anderen Berufsgeschäften, die 
den eigentlichen Mittelpunkt ihres Lebens bilden, erledigen. Die 
Regierung durch Berufsbeamte bezeichnet man als bureau- 
kratische Regierung, die Regierung durch Staatsangehörige, 
welche nicht den Charakter von Berufsbeamten besitzen, als 
Selbstregierung (selfgovernment)®. Der Berufsbeamte erhält, 
da er seine ganze Tätigkeit dem Staate widmet, von diesem seinen 
Lebensunterhalt in Form der Besoldung, die Amter der Selbst- 
regierung dagegen werden in der Regel als Ehrenämter ver- 
waltet®. Die Selbstregierung kommt vorzüglich in der Form der 
5 Zum Begriff des Berufsbeamten gehört nur, daß die amtlichen Ge- 
schäfte den Mittelpunkt der Lebenstätigkeit der betreffenden Person bilden. 
Näheres unten $ 143 bei Anm. 7. 
° Gneist, Selfgovernment, Kommunalverfassung und Verwaltungs- 
gerichte in England 69, 882, definiert die Selbstverwaltung als eine
	        
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