386 Zweiter Teil. Zweites Buch. 8$ 106.
beschränkt!!. Die betreffenden Verbände werden auch als Selbst-
verwaltungskörper bezeichnet. Zu dieser Theorie hat namentlich
das Bestreben Veranlassung gegeben, neben dem herkömmlichen
politischen noch einen Rechtsbegriff der Selbstverwaltung auf-
zustellen. Diese Verwendung desselben Ausdruckes in einer zwei-
fachen ganz verschiedenen Bedeutung ist nicht ohne Bedenken
und kann leicht zu einer Verwirrung der Terminologie führen.
Der zuletzt erwähnte Begriff der Selbstverwaltung hat aber eine
solche Verbreitung erlangt, daß er sich nicht mehr beseitigen läßt.
[Deshalb ist es notwendig, zwei Begriffe der Selbstverwaltung zu
unterscheiden: 1. den Begriff der Selbstverwaltung im politi-
schen Sinne: Verwaltung, ausgeübt durch Individuen, welche
den Staatsdienst nicht berufsmäßig betreiben, insbesondere durch
Ehrenbeamte; — und 2. den Begriff der Selbstverwaltung im
Rechtssinne: Verwaltung, ausgeübt durch juristische Personen,
welche, obwohl dem Staate untergeordnet und eingegliedert, doch
ihm gegenüber selbständig sind, insbesondere durch kommunale und
anderekorporativeoderanstaltlicheVerbändedesöffentlichen Rechts!®,
Manche Tätigkeiten können unter jedem dieser beiden Gesichts-
punkte als Selbstverwaltung erscheinen.] Denn die Kommunal-
verbände und sonstigen Öffentlichen Korporationen bedienen sich
zur Ausübung ihrer Befugnisse in weitem Umfange nichtberufs-
mäßiger Organe. Aber beide Begriffe sind doch keineswegs
identisch. Denn einerseits können Kommunalverbände und andere
Selbstverwaltungskörper bei größerer Entwicklung des besoldeten
Berufsbeamtentums nicht entbehren. Andererseits gibt es nicht-
berufsmäßige Beamte, also Selbstverwaltungsorgane, welche nicht
Schriftsteller bei der Bezeichnung „Kreis- und Gemeindeverwaltung“ mehr
den örtlichen Umfang der Selbstverwaltungsbezirke als den Charakter der
Selbstverwaltungsämter im Auge hat. Vgl. hierzu auch E. v. Meier in der
Enzykl. (6. Aufl.) 644.
ıı Vertreter dieses Begriffes der Selbstverwaltung sind L. v. Stein,
Nerwaltungslehre, Teill Abt. II 127ft., Handb. d. Verwaltungslehre (3. Aufl.)
Teil L61ff., H. Schulze, Preuß. Staatsr. $ 126ft., namentlich aber Laband
R.St.R. 1 102, 103 Nr. 4 und kl. Ausg. 28. Dieselbe Anschauung vertreten
Zom, RStR 1109; Haenel, StR 1 185 f.; O. Mayer, DVR 1 126, 127,
2371f.,;, Rosin, AnnDR (1883), 265 ff.; Preuß im Handb. d. Politik 1198 ff. ;
Ulbrich, Österreich. Staatsr. ($ 157) 414; Rümelin, in ZStaatsW 40 401:
v. Kirchenheim, Einführung in d. Verw.R 40; O. Gluth, Die Lelre von der
Selbstverwaltung, (1887); Blodig, Selbstverw. 40; Schoen, Recht der Kommunal-
verbände 6 und in der Enzykl. (7. Aufl.) 4202ff.; E. v. Meier in der Enzykl.
(6. Aufl.) 2 644 ff.: Jellinek, System 291 und Staatsl. 640 ff.; Hatschek, Selbst-
verw. 80, 87 und im WStVR Art. „Selbstverwaltung“, 8 423 ff.; Fleiner,
Institut 95 ff.; Lamp, Das Problem der städtischen Selbstverwaltung (1905)
60ff., 87.; [Die oben angegebene Auffassung des \Vesens der Selbstverwal-
tung ist die heute herrschende],
1? (Die beiden Arten der Selbstverwaltung werden auch wohl — nach
dem Vorgange Rosins, AnnDR (1888) 308 — als „bürgerliche“ und „körper-
schaftliche“ bezeichnet. Die beiden Begrifte sind außer von Rosin be-
sonders en einander gegenübergestellt bei Schoeu in der Enzykl., 7. Aufl.,
4 201, 202).