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Die Ausübung der obrigkeitlichen Befugnisse innerhalb der be-
treffenden Bezirke wird dagegen als Sache des Staates be-
trachtet; sie steht staatlichen Organen zu. Diese staatlichen
Organe bestanden bis in die neuere Zeit lediglich aus staatlichen
Berufsbeamten. Erst die Verwaltungsreformgesetzgebung der letzten
Jahrzehnte hat eine Umbildung derselben vorgenommen und den
Berufsbeamten Elemente zur Seite gesetzt, welche meist aus
Wahlen der kommunalen Vertretungen hervorgehen und ihre Amter
als Ehrenämter verwalten.
3. Die Gemeinden!.
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1. Über die Verfassung und die Funktionen der Ge-
meinden in ältester Zeit ist wenig bekannt. Die Haupttätig-
keit derselben war jedenfalls eine wirtschaftliche; sie bestand in
der durch die Gemengelage der Grundstücke veranlaßten Regelung
der Feldbestellung und der Sorge für die gemeine Mark. Da-
neben müssen die Gemeinden jedoch schon früh auch politische
Befugnisse erworben haben. Im Mittelalter besaßen sie eine
Gerichtsbarkeit in geringeren Rechtsstreitigkeiten und Streitfällen.
Auch waren die Gemeindemitglieder zu gegenseitiger Unterstützung
verpflichtet.
2, Einen Unterschied zwischen Städten und Land-
gemeinden gab es ursprünglich nicht. Die Entwicklung
einzelner Gemeinden zu Städten? knüpft an das ihnen ver-
| ı O. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht Bd. I 85 7—9, 28—30,
33—3A, 52—53, 55—57; O. Gierke, Art. Gemeinde, Gemeindeordnungen,
Gemeindebeamte, Gemeindebürgerrecht, Gemeindeverfassung in v. Holtzen-
dorffs Rechtslexikon 2 42 ff.; Brater, Art. „Gemeinde“, Staatswörterbuch 4
109 ff.; Loening, Art. „Gemeinde“ in seiner Ausgabe von Bluntschlis Staats-
wörterbuch 1 736 ff.; Jolly, Art. „Gemeinde“ in v. Stengele Wörterbuch des
deutschen Verwaltungsrechtes (1. Aufl.) 1 495 ff., Erg. Bd. 8109 ff., „Gemeinde-
bezirk“ cbenda S. 500, „Gemeindemitgliedschaft* 5i2 ff, Erg. Bd. 1 41, „Ge-
meindeorgane“ 518 ff., Erg. Bd. 141ff., „Gemeindeverwaltung“ 545 ff., „Gresamt-
gemeinden“ 571 ff.: Art. „Gemeinde“ im WStVR 2 39ff. (zahlreiche Einzel-
artikel, verfaßt von Walz, Stier-Somlo, Markull, Kutzer, Seyffarth, Hofacker,
Glässing, Bruck, Schwarz, Saran); H. Preuss, Das städtische Amtsrecht in
Preußen (1902). Die Entwicklung des deutschen Städtewesens Bd. 1 (1906),
Die kommunale Selbstverwaltung in Deutschland, im Handb. der Politi
(1912) 1 198 ff., Art. „Stadt und Stadtverfassung“ im Handwörterbuch der
Kommunalwissenschaften ; Keil, „Landgemeindeordnung“ Erg. Bd. 1 57 ff.,
2 132 ff.; P. Schoen, Die Organisation der städtischen Verwaltung Preußens
in Ann.D.R. (1891) 707 ff.; E. v. Meier, Enzykl. (6. Aufl.), 641ff.; Schoen,
das. (7. Aufl.) 4 238ff.; E. Loening, Landgemeinden und Gutsbezirke in den
östlichen Provinzen Preußens, in Jahrb. für Nationalökonomie u. Statistik,
3. Folgen 3 161 ff.
® Über die geschichtliche Entwicklung der deutschen Städteverfassun
vgl. die $19N.6 zitierte Literatur, über die späteren Verhältnisse der Land-
städte namentlich G. Schmoller, Das Städtewesen unter Friedrich Wilhelm I,
Zeitsch. für preuß. Geschichte und Landeskunde, Jahrg. 8 521 ff., 10 257 ff,