Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 110. 409 
liehene Marktrecht an, auf dessen Grundlage sich eigene Gerichts- 
barkeit und ein besonderes Stadtrecht ausbildete. Städte sind 
zuerst auf königlichem Grund und Boden und an Bischofssitzen 
entstanden; als eine dritte Klasse kamen später die fürstlichen 
Städte hinzu. Jede Stadt hatte ursprünglich einen Stadtherrn, 
welchem der Grund und Boden der Stadt gehörte. Seit dem 
zwölften Jahrhundert entwickelte sich die korporative Verfassung 
der Städte. Im Laufe des dreizehnten Jahrhunderts erhielten alle 
Städte einen Rat, an dessen Spitze ein oder mehrere Bürger- 
meister standen und der nunmehr das Hauptorgan der Bestrebungen 
wurde, sich von der Herrschaft des Stadtherrn frei zu machen. 
Er erwarb Besteuerungsrecht, Gerichtsbarkeit, Zoll, Münze und 
andere nutzbare Regalien, sowie eine weitgehende Autonomie. Die 
Städte wurden auf diese Weise zu sich selbst regierenden genossen- 
schaftlichen Gemeinwesen. Sie schieden sich allmählich in zwei 
Klassen. Ein Teil derselben, namentlich bischöfliche und könig- 
liche Städte, erlangte alle Rechte des Landesherren, sowie Sitz 
und Stimme auf den Reichstagen; sie wurden als (freie) Reichs- 
städte bezeichnet und traten den landesherrlichen Territorien im 
Reiche als ein gleichberechtigtes Element zur Seite. Die übrigen 
Städte hießen Landstädte; sie waren der Landeshoheit eines 
Landesherrn unterworfen und neben der Ritterschaft auf den Land- 
tagen vertreten, 
Das Recht an den Ratswahlen teilzunehmen, stand ursprüng- 
lich nur einer Aristokratie ratsfähiger Geschlechter zu. 
Dieser trat der in Zünfte gegliederte Handwerkerstand ent- 
gegen und errang im Laufe des vierzehnten Jahrhunderts, zum 
Teil nach hartnäckigen Kämpfen, eine Beteiligung am Stadt- 
regiment. Die Verfassung nahm damit einen mehr demokratischen 
Charakter an. Es entstand eine einheitliche Bürgerschaft 
mit allgemeinen Rechten und Pflichten. Zu den Rechten der 
Bürger gehörte die Teilnahme am Stadtregiment, der Genuß der 
bürgerlichen Nutzungen, das Recht auf Wohnsitz, häusliche Nieder- 
lassung und Grunderwerb im Stadtgebiet, auf Verehelichung, so- 
wie auf Unterstützung im Verarmungsfalle, die Befugnis zum Ge- 
werbebetrieb; zu den Pflichten der Übernahme städtischer Amter, 
die Leistung der Wehrpflicht und die Zahlung von Steuern. 
Neben den Bürgern kamen sogenannte Schutzgenossen vor, 
d. h. Personen, welche, ohne Bürger zu sein, im Stadtgebiete 
wohnten, den Schutz der Stadt genossen und dafür gewisse Ab- 
gaben zahlten. 
Die Zünfte waren mit ihren Bestrebungen nicht überall voll- 
ständig durchgedrungen. Namentlich nicht in den zur Hansa ge- 
hörigen Städten Norddeutschlands, wo, zum Teil infolge der Inter- 
11 513 ff., 12 353 f., 425., sowie die oben $ 107 N. 1 angegebenen Werke von 
E. v. Meier, Hintze, Loening, Waechter an den auf die Gemeindeverfassung 
bezüglichen Stellen.
	        
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