490 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 111.
hören, welche den Charakter einer privatrechtlichen Korporation
besitzt. Kämmereivermögen dagegen kann nur die politische Ge-
meinde haben.
2. [Bezüglich des Wirkungskreises der Gemeinden gilt der
Grundsatz der Universalität. Das heißt: der Wirkungskreis
der Gemeinde erstreckt sich nicht blos auf einzelne, in den Ge-
setzen namentlich aufgezählte Angelegenheiten, sondern grundsätz-
lich auf alles, was für das Gemeindegebiet und seine Bewohner
gemeinnützig ist. Der kommunale Wirkungskreis ist — in diesem
Sinne — nicht sachlich, sondern nur örtlich begrenzt. Aus ihm
scheiden aus nur solche Angelegenheiten, welche nach ihrer Art
und Bedeutung über den kommunalen, mit Begriffsnotwendigkeit
lokalen, Interessenkreis hinausragen, welche der Staat — als
Land und Reich — aus diesem Grunde oder aus anderen Gründen
sich ausschließlich vorbehalten oder höheren Kommunalverbänden
(Kreis, Provinz) überwiesen hat!.] Der Schwerpunkt der Ge-
meindetätigkeit liegt wie die der Kommunalverbände überhaupt,
auf dem Gebiete der inneren und der Finanzverwaltung. Auf
dem Gebiete der inneren Verwaltung kommt namentlich die
Ortspolizei in Betracht. Sie wird regelmäßig von Gemeinde-
organen ausgeübt. Die rechtliche Auffassung dieses Verhältnisses
ist allerdings verschieden. Nach den Anschauungen einiger Gesetz-
gebungen steht die Ortspolizeigewalt der Gemeinde als solcher zu?®.
In anderen Gesetzgebungen, namentlich in der preußischen, wird
dagegen die Polizei als ein ausschließliches Recht des Staates auf-
efaßt; die Ausübung der ÖOrtspolizei erfolgt meistens auch hier
durch Gemeindeorgane, aber diese Ausübung geschieht im Namen
und kraft Auftrages des Staates® [,im Namen des Königs“ wie
die preußischen Gesetze sagen]. Übrigens haben sich fast alle
Staaten vorbehalten, in größeren Städten besondere staatliche
, I Anschütz in der Berliner Festschrift für H. Brunner (1914) S. 351.
Übereinstimmend E. v. Meier, Enzykl. 6. Aufl. S. 643, Schoen, das. 7. Aufl.
4 248. Über den Begriff und das Wesen der Gemeinde, ihre Stellung zum
Staat, und die Grenzen des staatlichen Aufsichtsrechts vgl. bes. Preuß, Das
städtische Amtsrecht in Preußen.
®? Württemb. GO vom 28. Juli 1906, Art. 8; Badische StO $ 5 Abs. 2
u Ss, 6 Abs. 2; S.-Weimar. GO Art 6; Braunschweig. StO $ 1,
® [Dieser Grundsatz, das Prinzip der Staatlichkeit aller Polizei, ist in
das preußische Recht durch die StO vom 19. November 1808, $ 166 eingeführt
und allgemein durch das Gesetz über die Polizeiverwaltung vom 11. März
1850. 8 1, die V. über die Polizeiverwaltung in den neuen Provinzen vom
20. September 1867, $ 1 sowie die Kreisordnungen — vgl. KrO für die östl.
Provinzen vom 13. Dezember 1872, 38 ausgesprochen. gl. Schulze, Preuß.
StR 1 452, 2 8310, Rosin, PolVerordnR 233, E. v. Meier, Enzykl. (6. Aufl.)
649 ff., Schoen, das. (7. Aufl.) 4 249, Anschütz, Polizei, Staat und Gemeinde
in Preußen, in der Berliner Brunner- Festschrift von 1914, S. 389 ff. Das
preußische System wird de lege ferenda verteidigt von E. v. Meier a.a. O,.,
angegriffen von Schulze, Anschütz und von Preuß, Städtewesen 1 248 ff.,
Zur preußischen Verwaltungsreform (1910) 27, 97 £f.].