Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe, $ 112. 425 
Die Gemeindebürger besaßen alle Rechte der Heimat- 
berechtigten, außerdem aber noch das Wahlrecht und die Wähl- 
barkeit zu den Gemeindeämtern®. Nach einigen Gemeindeordnungen 
war die Befugnis zur Verehelichung, das Recht, Grundeigentum 
zu erwerben oder ein Gewerbe zu betreiben, nicht an den Be- 
sitz des bloßen Heimatrechtes, sondern an den des aktiven 
Bürgerrechtes geknüpft. Auch die Teilnahme an den Gemeinde- 
nutzungen war da, wo sich nicht eine besondere Real- oder 
Nutzungsgemeinde erhalten hatte, Ausfluß nicht des Heimat-, 
sondern des Gemeindebürgerrechtes. Die Gemeindebürger hatten 
die Pflicht, die ihnen übertragenen Gemeindeämter zu über- 
nehmen”. Die Erwerbung des Bürgerrechtes erfolgte nach 
diesem System nirgends von selbst kraft Gesetzes als unmittel- 
bare Rechtsfolge des Vorliegens gewisser Tatsachen und Er- 
fordernisse, sondern stets durch besonderen Rechtsakt: durch 
Verleihung seitens der Gemeinde°® [Man nennt 
dieses System das der geschlossenen Bürgergemeinde 
(Ortsbürgergemeinde), im Gegensatz zu dem der Ein- 
wohnergemeinde, s. u. Nr. 2] Die Verleihung war auf solche 
Personen beschränkt, welche die gesetzlich vorgeschriebenen 
Erfordernisse besaßen. Die Staatsangehörigen hatten unter be- 
stimmten Voraussetzungen Anspruch auf den Erwerb des Gemeinde- 
bürgerrechtes. Andrerseits durfte die Gemeinde von gewissen 
Personen, namentlich solchen, die in ihr Grundeigentum erwarben 
oder Gewerbe betrieben, den Erwerb des Gemeindebürgerrechtes 
fordern. Die Heimatsberechtigten konnten das Gemeindebürger- 
recht in der Regel unter erleichterten Bedingungen erlangen?°. 
Das Gemeindebürgerrecht ging verloren durch Verlust der zum 
Erwerb des Bürgerrechtes erforderlichen Eigenschaften, durch 
Verlegung des Wohnsitzes außerhalb der Gemeinde oder Erwerb 
eines anderen Bürgerrechtes, wenn es nicht besonders vorbe- 
halten wurde, und durch Verzicht, der jedoch nur dann zulässig 
1868 Art. 14, Württ. G. vom 4. Dez. 1833 $ 66, Bad. BRG 8$ 70 und 71, 
S.Alt. G. vom 9. Aug. 1833 8 46, S.-Goth. GG 3 45, S.-Kob. HG Art. 26, 
Lipp. V. vom 2. März 1841 ; Schaumb-Lipp. G083. 
6 Hann. StO $ 19, Kurhess. GO 88 20 und 21, Bayr. GO Art. 19, GO 
für die Pfalz Art. 6, S..Mein. G. vom 11. März 1848 Art. 19, S.-Kob. GG 
Art. 29, Anh.-Dess. StO 3 3-5, Anh.-Bernb. StO vom 12. April 1855 
sh Schaumb.-Lipp. StO $ 6, Lipp. StO vom 16. Mai 1843 $ 10, Wald. 
15. 
? Bayr. GO Art. 19, S.-Kob. GG Art. 47, Anh.-Dess. StO $6, Anh.-Bernb. 
StO 8 6. 
8 Hann. StO 8$ 21—26, Kurhess. GO 8$ 27-30, Bayr. GO Art, 10—17, 
S.-Mein. G. vom 11. März 1848 Art. 14, 26, G. vom 15. April 1868 Art. 26 
und 28, S.-Kob. GG Art. 31—33, 48, Anh.-Dess. GO S 6 ff., Anh.-Bernb. GO 
OR Dan vom 16. Mai 1843 8$ 12—14, Schaumb.-Lipp. StO $$ 15—22, 
ald. . 
% Kurhess. GO S$ 26 und 27, S.-Mein. G. vom 11. März 1848 Art. 31, 
S.-Kob. GG Art. 40, Anh.-Dess. StO $ 14, Anh.-Bernb, StO $ 14, Schaumb.- 
Lipp. StO $ 22.
	        
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