Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

433 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 113. 
mechanischer Weise lediglich nach der Einwohnerzahl vor- 
genommen. 
1. Das erste System ist namentlich im Norden und Osten 
Deutschlands verbreitet. Es besteht in den östlichen Provinzen 
Preußens, den Provinzen Hannover, Westfalen, Schleswig-Holstein 
und Hessen-Nassau, im Königreich Sachsen, im Herzogtum 
Sachsen-Altenburg, in Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Koburg- 
Gotha, Anhalt, Lippe und Schaumburg-Lippe. Von süddeutschen 
Staaten haben das Königreich Bayern für seine rechtsrheinischen 
Provinzen dasselbe angenommen. 
Nach diesem System sind in denjenigen Orten, welche eine 
städtische Verfassung besitzen, folgende Hauptorgane vor- 
handen: 1. ein kollegialischer Magistrat oder Stadtrat, be- 
stehend aus einem Bürgermeister, dessen Stellvertreter (zweiten 
Bürgermeister, Beigeordneten) und einer Anzahl von Stadträten; 
2. das Kollegium der Stadtverordneten (Bürgervorsteher, 
Gemeindebevollmächtigte, städtischer Ausschuß)!. [Letzteres ist 
das beschließende und kontrollierende, der Magistrat das aus- 
führende Organ, gewissermaßen die Regierung der Stadtgemeinde, 
wogegen man die Stadtverordnetenversammlung als die Volks- 
vertretung bezeichnen kann. Die Stadtverordneten haben über die 
Angelegenheiten der Gemeinde zu beschließen, und zwar nach 
einigen Gesetzgebungen — wie insbesondere in Preußen — über 
alle Gemeindeangelegenheiten, welche nicht durch das Gesetz aus- 
schließlich dem Magistrat überwiesen sindb, nach andern — Bayern, 
Sachsen — tiber diejenigen Angelegenheiten, welche das Gesetz 
ausdrücklich als solche bezeichnet (z. B. Aufstellung des städtischen 
Haushaltsetats, Veräußerung von Gemeindevermögen, Aufnahmen 
von Anleihen, Einführung neuer oder Veränderung bestehender 
Gemeindeabgaben, Ortsstatuten, Wahl des Bürgermeisters und der 
anderen Magistratsmitglieder usw.). Der Magistrat hat die Be- 
schlüsse der Stadtverordneten vorzubereiten und (sofern er die- 
selben nicht beanstandet) auszuführen; er hat alle Angelegenheiten 
der Stadt, insbesondere das Gemeindevermögen und die Gemeinde- 
anstalten zu verwalten und die Stadtgemeinde nach außen zu ver- 
treten. Er untersteht in seiner gesamten Amtsführung der 
Kontrolle der Stadtverordnetenversammlung.] Zur Beseitigung von 
Differenzen zwischen beiden Kollegien sind gemeinsame Sitzungen 
ı Preuß. StO für die östl. Provinzen SS 10, 12ff., für Westfalen $S 10 
12 ff., GVG für Frankfurt a.M. 88 2, 23 ff, StO für Hessen-Nassau $$ 14 fl.. 
32 ff., für Schleswig-Holstein 88 1, 28ff, G. vom 31. März 1890 $ 2, Hann. 
StO 5 38, 80, Bayt, GO Art. 71 und 108, Sächs. rev. StO $ 37, S.-Alt. StO 
S 26 ff., S.-Goth. GG $$ 73 und 101, StO für Koburg 3 5, Braunschw. StO 
5 fl, ft, Old. GO Art. 10 und 30, Anh. GO 88 54 ff., Lipp. StO 83 21 ff., 
chaumb.-Lipp. StO $ 4. 
b Preuß. östl. StO $ 35. Vgl. Preuss, Art. „Bürgermeisterei- und Rats- 
verfassung“ im Handwörterbuch der Kommunalwissenschaften. 
c Bayer. rechtsrhein. GO Art. 112, sächs,. rev. StO 8 39. Vgl. den in 
voriger Anm. zit. Artikel von Preuss.
	        
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