Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Einleitung. $ 9. 33 
wichtigste ist die nach der Formation des Trägers der Staats- 
gewalt. Je nachdem als Träger der Staatsgewalt eine einzelne 
Person, ein hervorragender Bruchteil des Volkes, oder das ganze 
Volk erscheint, unterscheidet man Monarchie, Aristokratie 
und Demokratie. Die beiden letzteren faßt man seit Machia- 
vellia unter dem Namen Republik zusammen; sie haben die 
gemeinsame Eigentümlichkeit, daß in ihnen die Staatsgewalt einer 
unter einem Kollektivbegriff zusammengefaßten Personenmehr- 
heit zusteht, 
Es kann vorkommen, daß in einem Staate eine bestimmte 
Person oder Personenmehrheit als rechtlicher Inhaber der 
a Il Principe, c. 1: „Tutti gli stati sono o repubbliche o principati“. 
Vgl. Alfred Schmidt, Niecold Machiavelli und die allgemeine Staatslehre der 
Gegenwart (Freib. Diss., 1907). 
% Die Dreiteilung der Staatsformen ist in Griechenland aufgekommen 
und findet sich schon bei Herodot und Platon, von denen sie Aristoteles 
(Pol. III, 4ff.) übernommen hat (Loening im Handwörterb a. a. O. 717, 
van Calker a. a. O. 181ff.). Von neueren Schriftstellern halten daran fest: 
Stahl, Philosophie des Rechts. ($ 68) 211; H. Schulze, Lehrbuch 1 (x 19 ££.) 31 ff. ; 
Merkel, Enzyklopädie (2. Aufl.) 175 fl.; W. Roscher a. a. O. 1fl.; v. Seydel, 
Vorträge 18ff. Andere nehmen dagegen nur eine Zweiteilung in Monarchie 
und Republik an: H. A. Zachaniä, St.R.1($ 21) 75 ff.; Zöpfl, St.R. 1 ($ 59) 112; 
Waitz, Politik _122f.; Bernatzik a. a. O. 1f.; Affolter, Allg, Staatar. 43; 
Jellinek, Arch.Off.R. 8 177, Staatsl. 661; Hatschek, Allgem. Skanter. 2uB8; 
B. Schmidt, Der Staat 117 ff.; Treitschke, Politik 2 7 ff.; ebenso auch Geffcken, 
Das Gesamtinteresse (1908) 14, 15 und van Calker, Handb. d. Pol. 1 134, 135, 
nur daß diese beiden Schriftsteller für den Gegensatz der Monarchie nicht 
„Republik“, sondern „Pleonarchie“ oder „Pleonokratie“ als Bezeichnung vor- 
schlagen. Diese Verschiedenheit ist aber praktisch von keiner großen Be- 
deutung, da einerseits von den Vertretern der Dreiteilung die gemeinsamen 
Eigentümlichkeiten der Aristokratie und Demokratie zugegeben werden, 
andererseits die Vertreter der Zweiteilung anerkennen, da die Republiken 
in Aristokratien und Demokratien zerfallen [v l. auch Loening a. u. O. 720). — 
Der Unterschied von Monarchie und Republik besteht nicht darin, 
daß in jener der Grundsatz der Fürstensouveränetät, in dieser dagegen der 
der Volkssouveränetät gilt (Zöpfl a. a. O.), denn letzteres ist in Aristokratien 
regelmäßig nicht der Fall. Auch gibt es Monarchien, in denen das Prinzi 
der, Volkssouveränetät Geltung hat. Ebensoweni kann der Unterschie 
darin gefunden werden, daß in Monarchien das oberste Organ cin eigenes 
Recht auf Orgnnstellung hat, in Republiken dagegen nur Beauftragter, Diener 
des Staates ıst, ohne ein Recht auf seine Stellung zu besitzen (Bernatzik 
a.a.0. 29, ähnlich Treitschke a. a. 0.8). Denn auch in Republiken kommen 
Personen vor, welche ein Recht auf Organstellung haben, so z. B. der Erb- 
statthalter der Niederlande, namentlich aber in der Aristokratie die re- 
ierenden Geschlechter und in der Demokratie das herrschende Volk 
ellinek a. a. O.). Andererseits hat es Monarchen gegeben, welche ab- 
setzbar waren (Bernatzik a. a. 0.4), also kein unbedingtes Recht auf Organ- 
stellung hatten. Endlich trifft auch die Behauptung nicht zu, daß in der 
Monarchie die Besetzung der „obersten Regierungsbcehörde mit der Mit- 
liedschaft einer bestimmten Familie nach Maßgabe von erbrechtlichen 
ırundsätzen verknüpft sei, in der Republik auf periodischer Wahl be- 
ruhe“ (Affolter a. a.0.) Tatsächlich sind die jetzt bestehenden Monarchien 
allerdings Erbmonarchien, aber die früheren Wahlmonarchien fallen gleich- 
falle unter den Begriff der Monarchie (Bernatzik a. a. O. 36; Jellinek, 
Staatsl. 691 ff.). 
G. Meyer-Ansehätz, Deutsches Staatsreoht. I. 7. Aufl. 3
	        
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