Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 116. 443 
stellung derselben nicht geben. Für eine korrekte Behandlung 
derselben ist es vielmehr unerläßlich, auf die Verhältnisse der 
einzelnen Staaten genauer einzugehen. 
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I. In Preußen fand in den Jahren 1808, 1815 und 1817! 
eine vollständige Reorganisation der Behörden statt. Die damals 
geschaffenen Einrichtungen sind bis zu der mit der Kreisordnung 
von 1872 beginnenden neuen Verwaltungsreform unverändert ge- 
blieben und bilden mit den Modifikationen, die sie durch diese 
Reform erhielten, noch heute die Grundlage der preußischen Ver- 
waltungseinrichtungen. Der Staat wurde 1815 in Provinzen, 
diese in Regierungsbezirke, die Regierungsbezirke in Kreise ein- 
geteilt. An die Spitze jeder Provinz trat ein Oberpräsident. 
Den ÖOberpräsidenten wurden einzelne speziell bezeichnete An- 
gelegenheiten zur selbständigen (instanzmäßigen) Erledigung über- 
lassen. Im übrigen aber und im allgemeinen fungierten dieselben 
nicht als selbständige Instanzen, sondern lediglich als ständige 
Kommissarien des Ministeriums in den Provinzen und übten ge- 
wisse Oberaufsichtsbefugnisse aus. Stets war der Oberpräsident 
der Provinz zugleich auch Präsident der an seinem Amtssitze 
befindlichen Regierung. Die Organisation der Oberpräsidien war 
bureaumäßig. Die Verwaltung der Regierungsbezirke 
wurde Regierungen als Landeshoheits-, Landespolizei und 
Landesfinanzbehörden übertragen. Sie hatten den Charakter von 
Kollegialbehörden und zerfielen in drei bis vier Abteilungen: Ab- 
teilung des Innern, Abteilung für Kirchen- und Schulwesen, Ab- 
teilung für Domänen, Forsten und direkte Steuern und, da wo 
keine besonderen Provinzialsteuerdirektionen bestanden, Abteilung 
für indirekte Steuern. Als Organe der Kreisverwaltung 
wurden die Landräte (oben S. 398) beibehalten, obwohl zeit- 
weilig die Absicht bestanden hatte, an Stelle des von der Ritter- 
schaft präsentierten halb ständisch-ehrenamtlichen Landrates 
einen vom König ernannten, rein beamtenmäßigen Kreisdirektor 
ı Publikandum, betr. die veränderte Verfassung der obersten Staats- 
behörden vom 16. Dez. 1808, Verordnung wegen verbesserter Einrichtung 
der Provinzial-, Polizei- und Finanzbehörden vom 26. Dez. 1808; Geschäfts- 
instruktion für die Regierungen von demselben Tage. — Die Grundzüge 
dieser Organisation wurden beibehalten in der durch die Vergrößerung des 
Staates veranlaßten V. vom 30. April 1815 wegen verbesserter Einrichtung 
der Provinzialbehörden. Dienstinstruktion für die Oberpräsidenten, Kon- 
sistorien, Regierungen und Medizinalkollegien vom 23. Okt. 1817, Instruktion 
für die Oberpräsidenten vom 31. Dez. 1825, Kabinettsordre vom 31. Dez. 1825, 
Abänderung der Organisation der Provinzialbehörden betr. — Über diese 
organisatorischen Gesetze vgl. E. v. Meier, Reform (2. Aufl.) 174 ff., 191 £f., 
325 ff., M. Lehmann, Freiherr v. Stein 2 369 ff. und dazu E. v. Meier, franz. 
Einflüsse 2 311 ff., 423 ff., 431ff. Ferner Bornhak, Preußische Staats- und 
Rechtsgeschichte 376 ff.
	        
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