ZA Einleitung. $ 9.
Hoheitsrechte (Träger der Staatsgewalt) erscheint, eine andere da-
Bogen zur Ausübung der Herrschaftsrechte befugt ist. In diesem
Falle wird, je nachdem man den einen oder anderen Gesichtspunkt
zugrunde legt, die systematische Unterordnung des Staates unter
die Staatsformen eine verschiedene seinb. Als Träger der Staats-
gewalt kann nach der Anschauung eines bestimmten Volkes auch
ein göttliches Wesen erscheinen. Einen Staat, in welchem das der
Fall ist, nennt man eine Theokratie. Nur in diesem Sinne
kann man von derselben als einer besonderen Staatsform sprechen,
während eine Theokratie in dem Sinne, daß die Ausübung der
Herrschaftsrechte durch die Gottheit stattfände, selbstverständlich
unmöglich ist?.
Die Staatsformen treten nicht immer in voller Reinheit auf,
so daß lediglich ein einziges Element als das im Staate 'herr-
schende erscheint. Vielmehr sind häufig bei der Bildung der
Staatsgewalt verschiedene Elemente beteiligt. Diese Beteiligung
kann aber entweder so gestaltet sein, daß eines dieser Elemente
das maßgebende und die Staatsform bestimmende ist, die anderen
ihm gegenüber nur beschränkende Faktoren bilden * oder so, daß
die verschiedenen Elemente als durchaus gleichberechtigt er-
scheinen®. Es darf jedoch auch im letzteren Falle nicht an eine
Teilung der Staatsgewalt unter die verschiedenen Elemente gedacht
werden, dieselbe steht vielmehr einem aus diesen gebildeten zu-
sammengesetzten Subjekte zu.
b So sind z. B. die französische Verfassung von 1791, die napoleonischen
Verfassungen, die geltenden Verfassungen der Königreiche Norwegen und
Belgien, denen durchweg das Prinzip der Volkssouveränetät zugrunde liegt,
im ersteren Sinne demokratisch, im letzteren monarchisch. l. Loening
a. a. O. 7 721, Geficken a. a. O. 15, Bornhak, Allg. Staatel. 68 ff, („demo-
kratische Tyrannis“).
® Die Annahme der Theokratie als einer besonderen Staatsform ver-
teidigen Waitz a. a. O,, Treitschke a, a. O. 6ff. und Bluntschli, Allg.
Staatsl. 371ff., der aber an die Stelle dieses Begriffes einen noch weiteren,
den der Ideokratie, zu setzen sucht, Ideokratie nennt er einen Staat, in
welchem keine menschliche Obrigkeit anerkannt ist, sondern entweder Gott
oder ein Gott oder ein anderer übermenschlicher Geist oder eine
Idee als Herrscher erscheint. Zur Aufstellung dieses Begriffes ist keinerlei
Bedürfnis vorhanden. Daß „Theokratie“ ein Rechtsbe rriff sei, wird mit
zutreffenden Gründen bestritten von Jellinek, Staatsl. 669. [Ganz im Sinne
des Textes Loening im Handwörterb. 7 719, der mit Recht betont, daß man
die „Theokratie* nicht ohne Verstoß wider die Logik der drei bzw. zwei
üblichen Grundformen des Staates (oben Anm. 2) an die Seite stellen darf.
Das sog. theokratische Prinzip bezieht sich nicht auf die Organisation
er Staatsgewalt, sondern auf die Begründung und Verbindlichkeit der
staatlichen Herrsehaft... Die Theokratie ist mit jeder Staatsform ver-
träglich.“]
* So ist in den konstitutionell monarchischen Staaten Deutschlands der
Monarch Träger der Staategewalt, die Landtage sind ihm gegenüber nur ein
beschränkendes Element. Vgl. $$ 83 und 84 und aus der Literatur vor allem
van Calker, Handb. d. Pol. 1 140 ff.
5 So z.B. in England, im alten Deutschen Reich, in den Freien Städten
Deutschlands. Vgl. $5 8.18.