Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

.Die Organe. $ 119. 469 
mundschaftsbehörde, bürgerliche Mitglieder der Verwaltungs- 
behörde, der Handels- oder Gewerbekammern sind oder gewesen 
sind ?, 
Die Mitglieder der Bürgerschaft sind Vertreter des gesamten 
Volkes, nicht Repräsentanten ihrer speziellen Wahlbezirke. Sie 
stimmen nach freier Überzeugung und können von ihren Wählern 
keinerlei Instruktionen oder Aufträge erhalten !, 
Die Stellung von. Senat und Bürgerschaft ist in manchen 
‚Beziehungend der von Regierung und Volksvertretung in der 
konstitutionellen Monarchie zu vergleichen. Die Gesetzgebung 
wird von Senat und Bürgerschaft gemeinschaftlich ausgeübt, 
während die Regierungs- und Verwaltungsbefugnisse, einschließlich 
der Vertretung des Staates nach außen, dem Senat zustehen. 
Doch findet auch in einzelnen Verwaltungszweigen, namentlich 
bei der Finanzverwaltung, eine Mitwirkung der Bürgerschaft statt, 
die sich in der Feststellung des Budgets, der Genehmigung von 
wichtigen Veräußerungen, Anleihen usw. äußert!!. Der Senat 
ist jedoch nicht, wie der Monarch, der alleinige Träger der 
Staatsgewalt, die Bürgerschaft kein bloß beschränkendes Ele- 
mente. Es streitet daher keinerlei Vermutung für’ die Berech- 
tigung des Senates, vielmehr ist zu einem staatlichen Akte im 
Zweifel die Mitwirkung beider Organe erforderlich!??. Die 
Bürgerschaft tritt in Hamburg beim Beginn der Legislaturperiode 
auf Berufung des Senates zusammen, später hat sie ein Selbst- 
versammlungsrecht. In Bremen und Lübeck findet auch beim 
Beginn der Legislaturperiode keine Berufung durch den Senat 
®» Hamb. Verf. Art. 283—43. Abänd. G. vom 2. Nov. 1896 & 1. Weahl- 
gesetz für die Wahlen zur Bürgerschaft vom 5, März 1906, abgeändert durch 
, vom 25. Jan. 1909. Vgl. Seelig im JahrbÖhR 2 182£., ISA ff, 4 462. 
Die Wahlen erfolgen nach dem Grundsatz der Verhältniswahl. 
10 Lüb. Verf. Art. 26, Brem. Verf. $ 44, Hamb. Verf. Art. 99. 
4 Nicht in allen Beziehungen! Bei manchen Ähnlichkeiten besteht 
doch ein tiefgehender Unterschied zwischen den Hauptorganen der Stadt- 
republik und der konstitutionellen Monarchie. Der Senat ist staatsrechtlich 
wıe politisch weniger als ein deutscher Landesherr, die Bürgerschaft mehr 
als der Landtag. Durchaus zutreffend Lüders AnnDR 1912 16ff. Vgl. 
auch Anm, e, 
66 "gäb. Verf. Art. 18, 50, 51, Brem, Verf. 8$ 56, 58, Hamb. Verf. Art. 
’‚»i, Va 
e Diese Meinung vertritt Brandis in der oben Anm. c bezeichneten 
Abhandlung, S. 40. Auch Seelig, WStVR 2 828 neigt ihr zu (der Senat ist 
im konstitutionellen Alleinbesitz der Staatsgewalt, durch die Bürgerschaft 
nur beschränkt“), Ähnlich für Lübeck, Brückner, Lüb. StR 7, 15. Die 
Stellung des Senats ist damit staatsrechtlich wie politisch überschätzt, Gleicher 
Meinung Lüders a. a. O. 13 fl. 
18 Nur in Lübeck hat kraft der Bestimmungen in Art, 18 der Verf. der 
Senat die Präsumtion der Berechtigung für sich, Auch in Hamburg und 
Bremen ist der Grundsatz, daß die Vermutung für gemeinsame Kompetenz 
von Senat und Bürgerschaft spricht, bei der genauen Feststellung des Wirkungs- 
kreises beider Organe kaum von praktischer Bedeutung. Vgl. v.Melle 8.2.0. 
43ff. und Seelig, Hamb, StR 60 ff., 68 ff.
	        
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