Die Organe. $ 128, 483
tretenen Reichsmitglieder sind also die Staaten, nicht ihre
Regierungen, die Landesherrn und Senate der freien Städte als
solche. Das Reich ist kein Fürstenbund, sondern ein aus Staaten
zusammengesetzter Bundesstaat®.]
Die Stimmverteilung im Bundesrate des norddeutschen
Bundes war nach Maßgabe der Bestimmungen für das Plenum
des früheren deutschen Bundes geregelt, jedoch so, daß Preußen
die ehemaligen Stimmen von Hannover, Kurhessen, Holstein,
Nassau und Frankfurt zugerechnet wurden, Von dieser Grund-
lage wich jedoch bereits der Zollvereinsvertrag vom 8. Juli 1867
insofern ab, als Bayern im Zollbundesrat sechs Stimmen statt vier
beigelegt wurden®. Diese Bestimmungen sind in die deutsche
Reichsverfassung übergegangen®. Demgemäß führt Preußen im
Bundesrat 17, Bayern 6, Sachsen und Württemberg je 4, Baden
"Ve. oben $ 120 S. 4738. A. M. war G. Meyer; vgl. die Voraufl.
8 123 8. und Anm. 3. Er meint: „Im Bundesrate sind nicht die Staaten
als solche, sondern die Monarchen und Senate als Repräsentanten ihrer
Staaten vertreten,“ und führt hierzu an: „l. Nach Art. 6 besteht der Bundes-
rat aus den Vertretern der Mitglieder des Bundes, im Eingang der nord-
deutschen Bundesverfassung und der jetzigen Reichsverfassung werden aber
als vertragschließende Kontrahenten, also als Mitglieder nicht die Staaten
sondern die Monarchen und Senate aufgeführt. 2. Im Art. 9 der Reichs-
verfassung werden die Bundesratsmitgliedor als Vertreter der Regierungen
bezeichnet. 3, Wären im Bundesrate die Staaten vertreten, so hätte Lauon-
burg einen besonderen Vertreter haben müssen. Der Umstand, daß im
Plenum des deutschen Bundes die holsteinische Stimme sich pro indiviso
mit auf Lauenburg erstreckte, hätte ein Zusammenfassen der preußischen und
lauenburgischen Stimme nicht rechtfertigen können, wenn ein solches mit
dem Grundprinzip des Bundes nicht vereinbar gewesen wäre. 4. Im Art. 7
des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867 wird der dem Bundesrat des
Deutschen Reiches durchaus analoge Zollbundesrat als „gemeinschaftliches
Organ der Regierungen“ bezeichnet. 5. Auch in Nr. IX des Schluß-
protokolls vom 23. Nov. 1870 ist von dem Vertreter der bayrischen Regie-
run & im Bundesrate die Rede.“ G. Meyer verwechselt die Inhaberschaft
des Rechts auf Vertretung im Bundesrat und die Ausübung dieses Rechts,
Inhaber ist der Staat als solcher, die Ausübung steht der Regierung, und
zwar allein und ausschließlich zu. Wie der jetzige Text: Laband, SR1
97 ff. und DJZ 16 1; Jellinek, System 301 N. 1; Zorn StR 1 148; Held 104,
193; Anschütz, Enzykl. 95, 96; Kliemke 14f. Daß auch Bismarck den
Bundesrat als Vertretung nicht sowohl der Regierungen als der Staaten
auffaßte, ergibt sich klar aus der Reichstagerede vom 19. April 1871. Er
nennt dort den Bundesrat nicht einen Fürstenrat oder Fürstentag, sondern
„ein Staatenhaus im vollsten Sinne des Wortes“. „Da — d.h. ım Bundes-
rat — stimmt nicht der Frhr. v. Friesen, sondern das Königreich Sachsen
stimmt durch ihn....es ist so recht eigentlich das Votum eines Staates,
ein Votum in einem Staatenhaus.“]
+ Verf. des nordd. Bundes Art. 6.
6 ZVV Art.88 1.
6 RVerf Art. 6. — Die Verfassung des norddeutschen Bundes enthielt
eine ausdrückliche Hinweisung darauf, daß die Verteilung der Stimmführu
nach Maßgabe der Vorschriften für das Plenum des ehemaligen deutschen
Bundes erfolgt sei. Mit Rücksicht auf die eben erwähnte Abweichung von
der ursprünglichen Grundlage ist in der jetzigen Redaktion der Reichs-
verfassung auch die Verweisung auf dieselbe weggelassen worden.