Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

484 Zweiter Teil. Zweites Buch, 5 128. 
und Hessen je 3, Mecklenburg-Schwerin und Braunschweig je 
2 Stimmen, alle anderen Staaten je eine Stimme. [Nach dem 
Prinzip, welches die Formation des Bundesrates bestimmt, können 
Mitglieder des Bundesrates nur die deutschen Einzelstaaten sein, 
repräsentiert durch die Bevollmächtigten ihrer Regierungen. Für 
eine Vertretung des Kaisers oder der reichsunmittelbaren Länder 
(Reichsland, Schutzgebiete) bietet der Bundesrat in seiner ursprüng- 
lichen verfassungsmäßigen Gestalt keinen Raum. Erst durch die 
letzte elsaß-lothringische Verfassungsreform (RG vom 31. Mai 1911) 
ist, unter Durchbrechung jenes Prinzips, dem Reichslande, obgleich 
es auch heute noch kein selbständiges Staatswesen, kein „Mitglied 
des Bundes“ im Sinne des Art. 6 RV darstellt, Sitz und Stimme 
im Bundesrate verliehen worden: Elsaß-Lothringen führt drei 
Stimmen im Bundesrate. Um die hierin liegende Regelwidrigkeit 
äußerlich zu verwischen, griff der Gesetzgeber zu einer Fiktion: 
er bestimmtb: „Elsaß-Lothringen gilt im Sinne des Art. 6 Abs. 2 
und der Art. 7 und 8 der RV als Bundesstaat“. Wohlverstanden: 
im Sinne dieser Verfassungsartikel und auch nur in deren Sinne 
gilt das Reichsland als Staat des Deutschen Reichs („Bundesstaat“ 
nach dem amtlichen Sprachgebrauch), Das heißt: es ist kein 
Staat, wird aber in den durch jene Artikel geregelten Beziehungen 
so behandelt, als wäre es ein Staat“. Zusammen mit den drei 
reichsländischen Stimmen beträgt die Gesamtzahl der Stimmen im 
Bundesrate 61.] Jedes Mitglied des Bundes kann soviel Bevoll- 
mächtigte zum Bundesrate ernennen, wie es Stimmen hat, außer- 
dem stellvertretende Bevollmächtigte in beliebiger Anzahld. Da die 
s RV Art. 6a, in den Text der RV eingestellt durch RG über die Verf. 
Elsaß-Lothringens vom 31. Mai 1911. Vgl. unten $ 138 8. 545. 
b Art. I Abs. 4 des zit. RG vom 31. Mai 1911. 
e Laband 2 235 ff.; Anschütz, Enzykl. 96; A. Schulze, Die Verf. und 
das WG für Elsaß-Dothringen (1911) 18, 21; Rehm, Das Reichsland Elsaß- 
Lothringen (1912) 4 ff., 12 £. 
d Die RVerf kennt das Institut der stellvertretenden Bundesratsbevoll- 
mächtigten nicht. Man wird es nicht, wie meistens geschieht, ohne weiteres, 
auch nicht schon deshalb, weil die GO des Bundesrates (Fassung vom 
26. April 1880, ’ 1) es anerkennt, sondern nur insoweit für rechtsbeständig 
halten dürfen, als ein Gewohnheitsrecht ihm zur Seite steht. An dem Dasein 
eines solchen Gewohnheitsrechtes ist indessen, wie Perels, stellvertr. Bevoll- 
mächtigte z. Bundesrat, Kieler Festgabe für Haenel (1907) 255 ff., nach- 
gewiesen hat, nicht zu zweifeln. Die stellvertretenden Bevollmächtigten 
werden nach der angegebenen Bestimmung der GO für den Bundesrat nicht 
für einzelne Hauptbevollmächtigte für den Fall von deren Verhinderung be- 
stellt, sondern es wird außer den Hauptbevollmächtigten, deren Zahl nach 
Art. 6 RV begrenzt ist, eine zweite Reihe von ständigen Bevollmächtigten 
ernannt, deren Zahl unbegrenzt ist (Laband DJZ 168). Diese stellvertretenden 
Bevollmächtigten, „Nebenbevollmächtigten“ (Laband) sind nicht Vertreter 
der Hauptbevollmächtigten, sondern, wie diese, Vertreter der Staaten; ihre 
Teilnahme an den Geschäften des Bundesrates ist nicht bedingt durch die 
Verhinderung eines bestimmten Bevollmächtigten. Vgl. im übrigen Perels 
und Laband a. a. O., auch Rosenthal, Reichsregierung 54. Wohl zu unter- 
scheiden von den seitens der Regierung ermannten stellvertretenden oder
	        
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