496 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 127.
trugen; wenn sie dem König von Preußen als „Bundesoberfeld-
herrn®* die Befehlsgewalt über die Truppen der verbündeten
Staaten in Kriegs- und Friedenszeiten zusprachen, wenn sie die
zu errichtende Bundeskriegsmarine unter die Kommando- und
Organisationsgewalt des Königs von Preußen stellten, — so
wollten sie mit alledem nicht sagen, daß diese Hoheitsrechte auf
den Bund übergehen und namens desselben organschaftlich von
Preußens Herrscher ausgeübt werden sollten. Nicht der Bundes-
gewalt, sondern der preußischen Staatsgewalt sollten jene Hoheits-
rechte zuwachsen. Weder das Bundespräsidium noch der Bundes-
oberfeldherr noch endlich das Oberkommando der Bundesmarine
war als Bundesamt im subjektiven Sinne, d. h. als Einrichtung
und Ausfluß der Bundesgewalt gedacht; überall handelte es sich
beabsichtigtermaßen nicht um eine Unterordnung Preußens unter
die neue gesamtdeutsche Staatsgewalt, vielmehr um eine Unter-
ordnung des außerpreußischen Bundesgebietes und seiner Staaten
unter Preußen. Das Ganze atmet den Geist wahrer und echter
Hegemonie. Im Bereiche der auswärtigen Politik, des Heer-
wesens und der Marine, der Post und Telegraphie sollte der König
von Preußen als solcher, nichtdurch Bundesbehörden, sondern durch
seinepreußischen MinisteriendesAuswärtigen, desKrieges, der Marine,
des Handels Norddeutschland regieren und verwalten, sollten die
andern Bundesstaaten an Preußen gewissermaßen angeschlossen sein.
Auf dieser seiner frühesten Entwicklungsstufe ist also das nachmals
kaiserliche Amt noch nicht national, sondern großpreußisch, nicht
föderalistisch, sondern hegemonisch gestaltetf. Dabei blieb es aber
nicht. Eine einschneidende Wandlung brachten die Beschlüsse des
verfassungsberatenden norddeutschen Reichstags über die staats-
rechtliche Stellung des Bundespräsidiums und Bundeskanzlers. Auf
Antrag des Abgeordneten v. Bennigsen gab der Reichstag (Be-
schluß vom 27. März 1867) dem Art. 17 Satz 2 der nordd. BV
die Fassung: „Die Anordnungen und Verfügungen des Bundes-
präsidiums werden im Namen des Bundes erlassen und be-
dürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers,
welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt.“ Dieser Be-
schluß, dem die verbündeten Regierungen zustimmten, bewirkte
zunächst eine grundsätzliche Anderung der Position des Bundes-
kanzlers, welcher, bis dahin als ein preußischer Beamter, als
Untergebener des preußischen Ministers des Auswärtigen gedacht,
nunmehr aus diesem Abhängigkeitsverhältnis losgelöst, mit mini-
sterieller Selbständigkeit gegenüber dem Bundespräsidium aus-
gestattet und mit ministerieller Verantwortlichkeit gegenüber Reichs-
tag und Bundesrat belastet wurdeg. Weiterhin aber wirkte das
Amendement Bennigsen zurück auf die rechtliche Natur und
Stellung des Bundespräsidiums. „Die Anordnungen und
f Vgl. auch oben $ 64 Anm, c und die dort angegebene Literatur.
& Vgl. unten $ 135 S.523 ff.