498 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 127.
äußere Zeichen sein für die Überwindung des Gedankens der
reußischen Hegemonie.e Wenn Bismarck nach Abschluß des
ündnisvertrages vom 23. November 1870 dem König von Bayern
zu erwägen gabm, „daß die bayerische Krone die Präsidialrechte
dem Könige von Preußen (sc. als solchem) ohne Verstimmung des
bayrischen Selbstgefühls nicht werde einräumen können: preußi-
sche Autorität innerhalb der Grenzen Bayerns ausgeübt, sei neu
und werde die bayrische Empfindung verletzen, ein Deutscher
Kaiser aber sei nicht der im Stamme verschiedene Nachbar
Bayerns, sondern der Landsmann“... „schicklicher Weise“ könne
daher König Ludwig die der Autorität des Präsidiums bereits zu-
gesagten, wiewohl noch nicht ratifizierten Konzessionen „nur
einem deutschen Kaiser, nicht aber dem Könige von
Preußen machen“; — wenn der also Angeredete sich
diesen Gedankengang Wort für Wort aneignete und in Über-
einstimmung mit allen deutschen Regierungen seinen Antrag auf
Annahme des Kaisertitels entsprechend motivierten; wenn endlich
die Kaiserproklamation von Versailles, 18. Januar 18710 dem
deutschen Volke kundtat:... „Demgemäß werden Wir und Unsere
Nachfolger an der Krone Preußens fortan den Kaiserlichen Titel
in allen Unsern Beziehungen und Angelegenheiten des deutschen
Reiches führen,“ so erhellt aus alledem der Sinn, in dem die
Kaiserwürde angeboten und angenommen wurde: Aufgabe des
Hegemoniegedankens und Vereinigung sämtlicher, der Krone
Preußen außerhalb der Bundesratssphäre zustehenden Präsidial-
rechte, einschließlich der Befehlsgewalt über Heer
und Flotte, zu einem einheitlichen obersten Reichsamt: zum
Kaisertum. Es war einfacher Vollzug des Willens aller Be-
teiligten, wenn die Neuredaktion der RV vom 16. April 1871 den
Namen „Kaiser“ nicht nur da einsetzte, wo die norddeutsche BV
den Ausdruck „Bundespräsidium“ gebrauchte (Art. 11, 17, 18, 36,
50 usw.), sondern auch dort, wo vorher der „König von Preußen“
als g schlechthin oder als „Bundesfeldherr“ figurierte (Art.
53, 63).
So gelangte die Nationalisierung der Präsidialgewalt, die Ent-
wicklung von der Hegemonie zum Reichsamt, zum Abschluß.
Das deutsche Kaisertum ist nicht die preußische Hegemonie über
m Bismarck a. a. O. 2 117, 118, 1 353.
n Der Brief des Königs Ludwig von Bayern an KönigJWilhelm L ist
abgedruckt z. B. bei Zorn, StR 1 51. Vgl. auch oben $ 120 Anm. 5. Be-
merkenswert namentlich der Satz mit den Worten „im Namen des gesamten
deutschen Vaterlandes“; vgl. darüber oben $ 121 Anm. a. Der König von
Bayern wollte damit sagen: „nicht im Namen Preußens“.
o Oben 207.
p Die „letzten hegemonischen Reste“ wurden also 1870/71 nicht nur
„scheinbar“, wie Triepel, Unitarismus und Föderalismus 109 meint, sondern
wirklich aus der Verfassung entfernt. Richtig Bornhak, ArchÜffentiR