Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 135a. sol 
unmittelbaren Verwaltung des Reiches tiberwiesen werden. Den 
Gegensatz zu den Amtszweigen, welche sich in der eigenen und 
unmittelbaren Verwaltung des Reiches befinden, bilden diejenigen 
Angelegenheiten, hinsichtlich deren dem Reiche lediglich die 
Gesetzgebung und Beaufsichtigung zusteht. Auf diese darf sich 
die Tätigkeit der Spezialvertreter nicht erstrecken. Umfaßt das 
Ressort der Behörde gleichzeitig Gegenstände, welche der Auf- 
sicht, und solche, welche der Verwaltung des Reiches unterliegen, 
so ist die Übertragung der Stellvertretung auf die Vorstände nur 
hinsichtlich letzterer zulässig!!. In der Befugnis der Stell- 
vertretung ist auch das Recht der Gegenzeichnung der in den 
betreffenden Geschäftsbereich hineinfallenden kaiserlichen An- 
ordnungen und Verfügungen, einschließlich der vom Kaiser zu 
ublizierenden Gesetze und zu erlassenden Verordnungen, ent- 
halten. Dagegen haben die Spezialstellvertreter nicht die Befug- 
nis, den Reichskanzler in seiner Eigenschaft als Vorsitzender 
des Bundesrates zu vertreten!?, Es besteht daher auch keinerlei 
rechtliche Notwendigkeit, daß die Spezialvertreter Bundes- 
ratsmitglieder sind, wenn es auch aus politischen Gründen 
wünschenswert erscheint, daß dieselben einen Sitz im Bundesrat 
aben. 
Die Ernennung der Stellvertreter geschieht durch den Kaiser 
auf Antrag des Reichskanzlers; [ohne einen solchen Antrag darf 
die Ernennung nicht erfolgen, es darf m. a. W. dem Reichs- 
kanzler ein Stellvertreter niemals aufgedrängt werden]. Bei der 
Ernennung ist der Umfang der Stellvertretungsbefugnis genau zu 
bestimmen. 
Die Stellvertreter tragen für alle Handlungen, welche sie 
auf Grund ihrer Stellvertretungsbefugnis vornehmen, die Ver- 
ant wo rtlichkeit in demselben Umfange wie der Reichs- 
anzler ?®, 
ı1 Smend, a. a. O.; Rosenthal, 38. 
12 Denn das Stellvertretungsgesetz bezieht sich, wie oben 529, 530 und 
$ 124 Anm. c, dargelegt, überhaupt nicht auf den Reichskanzler als Vor- 
sitzenden des Bundesrates. 
18 Dieser aus der Natur der Sache wie aus dem Zweck des Stell- 
vertretungsgesetzes sich ergebende Grundsatz ist auch in den Verhandlungen 
des Reichstages vom 5., 8. und 9. März 1878 sowohl von Bundesratsmit- 
liedern (Bismarck, Sten. Ber. 346, Minister v. Mittnacht a.a. O0. 
12) ae von Reichstagsabgeordneten (Haenel,. a. a. O. 322, 407 und 409, 
v. Bennigsen, 2.2.0.331; Lasker, a.a.0. 389) wiederholt ausgesprochen 
worden. Vgl. auch Jo&l, a. a. O. 788 und 789; ferner Dambitsch, RV 376; 
Rosenthal, a. a. O. 40, 41. [A. M. Arndt, RStR 686: die Stellvertreter des 
Reichskanzlers seien dem Bundesrat und Reichstag nicht verantwortlich. 
Demgegenüber ist zu fragen, welche staatsrechtliche Bedeutung denn die 
auf Grund des StellvG geleistete Gegenzeichnung haben soll, — und fest- 
zustellen, daß das StellvG die rechtliche Möglichkeit schaffen will, den 
Reichskanzler nicht nur von Arbeit, sondern vor allem auch von Verant- 
wortlichkeit zu entlasten, soweit er entlastet zu sein wünscht. Arndt 
steht mit seiner Behauptung vollkommen allein.]
	        
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