Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

546 Zweiter Teil. Zweites Buch. 8 138a. 
In Ergänzung und zum Vollzuge der Gesetze vom 3]. Mai 
1911 ergingen: das Gesetz (Landesgesetz) vom 16. Juni 1911 betr. 
die Entschädigung der Mitglieder des Landtagest, die Kaiserliche 
Verordnung vom 3. Juli 1911 betr. die Einteilung der Landtags- 
wahlkreiseu und die Wahlordnungen (kaiserliche Verordnungen) 
für die Wahlen zur Zweiten und Ersten Kammer des Landtags, 
vom 31. Juli und 15. August 1911v.] 
S 138a. 
[Elsaß-Lothringen war niemals ein Einzelstaat des Reichs 
und ist auch jetzt noch, nach der Verfassungsreform vom 31. Mai 
1911, kein solcher, überhaupt kein staatliches oder nichtstaatliches 
(kommunales) Gemeinwesen mit eigener Rechtspersönlichkeit, 
sondern nach wie vor eine Provinz des Reichs: ein Reichsland, 
das heißt ein reichsunmittelbares Gebiet, in dem die Reichsgewalt 
ausschließlich und allein herrscht. Dies ist, wie seinerzeit 1871 
bei der Vereinigung Elsaß-Lothringens mit dem Deutschen Reiche 
(s. oben 541), so wiederholt 1911, in der Begründung und bei der 
Beratung der Verfassungsreform dieses Jahres ausdrücklich und 
unzweideutig anerkannt worden2. Ein bei der Beratung im 
Reichstage gestellter Antrag, im Gesetze auszusprechen, daß Elsaß- 
Lothringen einen selbständigen Bundesstaat des Deutschen Reichs 
bilde, wurde, nachdem er vom Bundesrate als unannehmbar be- 
zeichnet worden war, abgelehnt. Das Reichsland wurde in das 
Verzeichnis der Staaten, RV Art. 1, nicht aufgenommen, Und 
wenn es in dem durch das Gesetz vom 31. Mai 1911 gegebenen 
Art. 6a RV heißt: „Elsaß-Lothringen gilt im Sinne des Art. 6 
Abs. 2 und der Art. 7 und 8 als Bundesstaat“ (s. oben $ 123 
S. 484), so folgt hieraus durch Gegenteilsschluß, daß das Land 
kein Bundesstaat ist. Wesentlich für die Nichtstaatlichkeit des 
Reichslandes ist ferner, daß ihm jedes Selbstbestimmungsrecht in 
bezug auf die Grundlagen seiner Organisation, seine Verfassung, 
fehlt. Die Verfassung Elsaß-Lothringens ruht nicht auf dem 
1ıllen des Landes, sondern auf dem des Reichs: VG vom 31. Mai 
11b, 
t Vgl. Fischbach, JahrbÜffR 8 128 ££, 
u A. Schulze a. a. O. 147ff. 
vA, Schulze a. a. O. 157 ff, 169 £f. 
» Vgl. Laband 2 233, 234; Fischbach 14, 15. 
b Die Ansicht, daß Elsaß-Lotlrringen weder ein Staat im Sinne der 
deutschen Einzelstaaten, noch überhaupt ein Staat ist, war in der Wissen- 
schaft stets herrschend und ist auch nach der Reform von 1911 herrschend 
geblieben. Führend insbesondere Laband 2 211fl., 233 ff., 235 ff. (zu ver- 
gleichen mit den früheren Auflagen des Labandachen Werkes), Zorn 1551 ff., 
aenel, StR 823 fl.,;, vgl. ferner die Voraufl. 475; Arndt, RStR 744 ff, und 
aus der Literatur nach 1911 (außer Laband, a. a. O.): O. Mayer im WStVR 
1 712; Fischbach, a.a.0. 56ff.; Anschütz, Enzykl. 118; Schoenborn, JahrbOFR 
6249 fi., die oben $ 138 Anm. a zitierten Kommentare zur Verfassungsreform
	        
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