Object: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. $ 167. 715 
stimmen, was der Reichsverfassung oder den in Elsaß-Lothringen 
geltenden Reichsgesetzen zuwider isti. Sie sind dem Landtage 
bei seinem nächsten Zusammentreten zur Genehmigung vorzulegen. 
Sie treten nach ausdrücklicher Bestimmung des Gesetzesk außer 
Kraft, sobald die Genehmigung versagt wird. Die Versagung der 
Genehmigung hat keine rückwirkende Kraft; es gelten in dieser 
Seroy1s die Grundsätze des Landesstaatsrechtes (oben $ 161 
. 679). 
IV. Das Verhältnis von Reichs- und Landesgesetzgebung'. 
8 167. 
1. Auf denjenigen Gebieten, auf welchen das Reich das aus- 
schließliche Recht der Gesetzgebung besitzt?, muß sich 
die Gesetzgebung der Einzelstaaten jeder Tätigkeit ent- 
halten. Ein auf einen solchen Gegenstand bezügliches Landes- 
gesetz ist ungültig. 
2. Auf denjenigen Gebieten, auf welchen eine konkurrie- 
rende Befugnis von Reichs- und Landesgesetzgebung 
besteht, gilt der Grundsatz, daß Reichsgesetze den Landesgesetzen 
vorgehen®, Die Landesgesetzgebung bleibt hinsichtlich dieser 
Gegenstände unbeschränkt, solange die Reichsgesetzgebung sich 
mit denselben nicht beschäftigt hat‘. Dagegen treten infolge des 
Erlasses eines Reichsgesetzes alle auf denselben Gegenstand be- 
züglichen Vorschriften des Landesrechtes außer Krafta, einerlei 
i Laband 2 263, 264; Fischbach, a. a. O. 142. Daher kann auch das 
N erfassungsgesetz nicht durch Notverordnung abgeändert werden, denn es 
ist ein Reichsgesetz; vgl. seinen Art. III Satz 2 und oben 545. 
k VG 8 23 Abs, 2. 
I Laband, StR 2 113 ff.; Haenel, StR 1238 ff., 248 ff.: Seydel, Komm. zur RV, 
Art 2; Anschütz, Enzykl. 159 ff., WStVR Art. „Gesetz“, 217; Zorn, StR 1 
421ff.; P. Posener, Das Deutsche Reichsrecht im Verhältnis zum Landesrecht 
(Abhandlungen aus dem StR und VR, herausgegeben von Brie, Heft 3), 
Breslau 1900. 
* Vgl. Haenel, StR 259ff.; Anschütz in der Enzykl. 159, 160, im WiStVR 
8 217; oben $ 80 8. 261. 
8 RVerf Art. 2. 
* Ausdrücklich anerkannt im Schlußprotokoll vom 23. Nov. 1870 Nr. VI. 
s „Reichsrecht bricht Landesrecht‘. Das Reichsgesetz hebt, indem es 
ergeht. und ohne daß es noch einer besonderen Erklärung bedarf, das 
seine Materie betreffende Landesrecht auf, d.h. es beseitigt nicht bloß dessen 
bindende Kraft, sondern dessen Dasein. Wird das Reichsgesetz später selbst 
wieder aufgehoben, so leben die einst von ihm aufgehobenen Landesgesetze 
nicht wieder auf, sondern es erwacht höchstens die Zuständigkeit der Landes- 
gesetzgebung, sie neuerdings zu erlassen. So die überwiegend herrschende 
einung:: Laband 2 115, 116; Haenel, StR 249; Seydel, Komm, 42; Heinze, 
a.2.0.21.; Anschütz, Enzykl. 160; Zorn, StR 1424; O. Mayer im ArchÖfR 
81568. Im Gegensatz hierzu meinen Bornhak, Preuß. StR 1559 und v. Bonin, 
Reichsrecht und Landesrecht in der Jesuitenfrage (1913) 4 ff, daß „vorgehen“ 
im Sinne des Art.2 RV keine Aufhebung sondern nur eine Suspension (auf- 
lösend bedingte Außerkraftsetzung) bedeute, der Art, daß mit Aufhebung
	        
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