Die Organe. $ 14la. 561
bedeutet hier eine ähnliche Beschränkung der vollziehenden — hier
also der kaiserlichen — Gewalt wie im Mutterlande. Ausgenommen
ist die Gerichtsbarkeit über die Eingeborenen, welche nicht in
konstitutioneller Unabhängigkeit, sondern ungetrennt von der
Verwaltung durch deren Behörden und Beamte ausgeübt wirdk.
4. aus dem Budgetrecht der gesetzgebenden
Faktoren des Reichs. Da die Kolonialverwaltung überhaupt
und insbesondere im finanziellen Sinne eigene und unmittelbare
Verwaltung des Reichs ist, so folgt, daß sie dem Budgetrecht (RV
Art. 69) und dem Kontrollrecht (Art. 72) des Bundesrates und
Reichstages ebenso unterliegt wie jeder andere Zweig der Reichs-
verwaltung. Es ist also der Etat für die Schutzgebiete alljährlich
durch Reichsgesetz festzustellen, die Verwaltung der Schutzgebiete
ist nach den Ansätzen und innerhalb der Schranken des Etats zu
führen, über die Verwendung aller Einnahmen ist dem Bundesrat
und Reichstag Rechnung zu legen!.
An der Spitze der Verwaltung der Schutzgebiete steht der
Reichskanzler, unter dessen Öberleitung die Angelegenheiten
Kiautschous vom Reichsmarineamt m, die der andern Schutzgebiete
vom Reichskolonialamtn bearbeitet werden.
Jedem Schutzgebiet ist ein vom Kaiser ernannter Gouver-
neuro vorgesetzt, dem alle Zivilbehörden seines Gebietes, in den
afrikanischen Gebieten auch die Schutztruppen unterstellt sind.
Ihm steht als beratendes Organ der Gouvernementsrat— in
Südwestafrika „Landesrat“ genannt — zur Seitep, dessen Gut-
achten vom Gouverneur in gewissen Angelegenheiten eingeholt
werden muß, in andern eingeholt werden kann. Der Gouverneur
ist überall von Amtswegen Vorsitzender und Mitglied des Gouver-
nements-(Landes-)Rates. Die übrigen Mitglieder werden in den
meisten Schutzgebieten von ihm auf Zeit ernannt, teils aus den
Beamten („amtliche Mitglieder“), teils aus den der weißen Rasse
angehörenden, kein öffentliches Amt bekleidenden Einwohnern des
Schutzgebietes („außeramtliche Mitglieder“); nur in Kiautschou
und in Südwestafrika geht ein Teil des Gouvernements-(Landes)-
Rates aus Wahlen der Bevölkerung hervor.
k Gerstmeyer a.a.0. 398; Koebner, Die Organisation der Rechtspflege
in den Kolonien (1903) 3 ff., 28 ff.
ı RG über die Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete vom
90. März 1892, ergänzt durch G. vom 18. Mai 1908.
m KaisV vom 27. Januar 1898.
n Oben 8 136 S. 586.
o Kennel, Rechtliche Stellung der Kolonialgouverneure (Würzburger
Diss., 1908).
p V. des Reichskanzlers betr. die Bildung von Gouvernementsräten
vom 24. Dez. 1909. Vgl. v. Hoffmann, Einführung in das Kolonialrecht 47 fl.
q Näheres bei v. Hoffmann a. a. O. 5lff.; Külz im WStVR 8 424 ff.
Der Landesrat von Südwestafrika besteht unter dem Vorsitz des Gouverneurs
aus von diesem ernannten und aus Mitgliedern, welche von den Bezirks-