Die Organe. $ 144 ° 577
Folgen der Freiwilligkeit des Verhältnisses. Man kann sich für
die vertragsmäßige Entstehung ferner nicht auf die ethische
Seite des Staatsdienerverhältnisses, die Treue und Hingebung,
welche vom Beamten gegenüber dem Staate gefordert wird, be-
rufen. Denn derjenige Dienst, welcher die größte Hingebung des
einzelnen für den Staat verlangt, der Militärdienst, wird kraft
gesetzlicher Verpflichtung geleistet. Endlich ist die Freiwilligkeit
des Eintrittes in den Staatsdienst nicht identisch mit der vertrags-
mäßigen Entstehung des Staatsdienerverhältnisses. Da Staat und
einzelner sich nicht als gleichberechtigte Subjekte gegenüberstehen,
so findet die Begründung von Rechtsverhältnissen unter denselben
selbst im Fall der Willensübereinstimmung nicht in der Form
eines Vertrages, sondern in der eines einseitigen Staatsaktes statt,
[dessen Zulässigkeit und Gültigkeit freilich — hierdurch entsteht
der Schein eines Vertragsverhältnisses — durch die Einwilligung
des Beteiligten bedingt ist]!". Dagegen läßt sich auch nicht ein-
wenden, daß Standesberren und Privatgesellschaften ihre Beamten
in derselben Form wie der Staat ernennen. Zunächst ist dies
keineswegs überall der Fall, und selbst wo es so sein sollte, kann
bei der Verschiedenheit der beteiligten Subjekte und der zwischen
diesen stattfindenden Vorverhandlungen aus der übereinstimmenden
Form nicht auf völlige Gleichheit des Verhältnisses geschlossen
werden !®,
Das Beamtenverhältnis ist seiner Natur nach ein staats-
rechtliches Rechtsverhältnis. Aus demselben geht der Anspruch
des Beamten auf seine Besoldung hervor, der ebenso wie das
Beamtenverhältnis selbst öffentlichrechtlicher Natur ist!®.
8 144.
[1. Man unterscheidet Reichs-, Staats- undKommunal-
beamte, und zwar je nachdem der betreffende Beamte zum
!! Preuß a. a. O, 97; Anschütz, Enzykl. 149.
18 Die Ansicht, daß die Entstehung des Beamtenvcrhältnisses auf
einem einseitigen Staatsakte beruhe, wird vertreten von Heffter 127-130;
v..Gerber 121; H.A. Zachuriä $ 135; Zöpfl 787; Grotefend $ 673; Bluntschli
AllgStL 503 und 604; v. Rönne-Zorn, PrStR 1 426; v. Rönne, StRDR $ 58;
H. Schulze, PrStR $ 99, LehrbDStR 1 321; Poezl $ 181 N.1; Gierke, ZStW
8) 381, in v. Holtzendorffs Rechtslex. 153, in Schmollers Jbch. 7 1156; Zorn,
StR 1 305 ff.; Ulbrich, ÖsterrStR 89ff.; Meves in v. Holtzendorffs Rechtslex.
232, 8 747; v. Kirchenheim, LehrbDStR 213; Haelschner a. a. O. 1032;
O. Mayer im ArchÖffR 8 42, VR 2 221, SächsStR 234; Dantscher v. Kolles-
berg, Die politischen Rechte der Unteitanen 1. Lief. 54, 3. Lief. 84ff. N. 24;
ornhak a. a. O. 29 ff.; Harseim a. a. O. 138; Radnitzky, Parteiwillkür im
FR 72 ff.; Grotefend, PrVBl 1417; Preuß, Städt. Amtsrecht 77 ff., 392, 893;
Leoni, ÖER von Elsaß-Lothringen 1 130#f.; Hübler, Organisation der Verw.
4; Anschütz, Enzykl. 148, 149; v. Rheinbaben, PrDiszG 18; Brand, BR 47;
Fleiner, Institut 182, 183; Kormann, System der rechtsgeschäftlichen Staats-
akte 87; Walz, BadStR 142; Schücking, OldStR 169.
18 Vgl. unten $ 150 Anm. d.