Die Organe. $ 144. 579
meinwesens handhabt, zu diesem Gemeinwesen im Beamtenverhäilt-
nis stehte; es kommen Beamte vor, welche die Kompetenz eines
andern Gemeinwesens ausüben als desjenigen, in dessen Dienst
sie stehenf. Was die in Rede stehende Theorie als entscheidendes
Merkmal (essentiale) ansieht, ist in Wahrheit nur ein regelmäßig
zutreffendes Moment (naturale).. Das Gleiche gilt von einer sehr
verbreiteten Meinung, welche dahin geht: entscheidend für die
Zuweisung eines Beamten in eine der drei Kategorien Reichs-,
Staats-, Kommunalbeamte sei das Subjekt nicht der Amtskompetenz
sondern des Anstellungsrechts; der Beamte sei desjenigen Gemein-
wesens Diener, dessen Oberhaupt oder sonstiges Organ ihn an-
stellte. Auch diese Theorie verwechselt, wie die vorhergehend
erwähnte, das Regelmäßige mit dem Begriffsnotwendigen. Daß
das Dienstverhältnis der Beamten eines Gemeinwesens durch die
Organe eben dieses Gemeinwesens begründet wird, ist die Regel,
aber eine Regel, die Ausnahmen duldeth; es gibt Beamte, welche
von den Organen nicht ihres, sondern eines andern Gemeinwesens,
Reichsbeamte, welche von Landes-, Gemeindebeamte, welche von
Staatsorganen ernannt werdeni. Doch handelt es sich hier, wie
bemerkt, um Ausnahmeerscheinungen, ebenso wie es eine Aus-
nahme ist, wenn derjenige, der im Dienste des einen Gemein-
wesens steht, das Amt eines andern Gemeinwesens wahrnimmt.
Deshalb begründet sowohl der Charakter des Anstellungsorgans
wie die rechtliche Natur der von dem Angestellten ausgeübten
Amtskompetenz eine Vermutung für die Art des Dienstverhält-
nisses. Die Beweiskraft dieser Vermutung wird verstärkt, wenn
sie sich nicht nur auf eines der beiden Momente, sondern auf
e Anschütz, PrVerf 1 328, 427; Triepel, Staatsdienst und staatlich ge-
bundener Beruf 15.
f Beispiele: Der (preußische) Landrat ist Leiter der Kreiskommunal-
verwaltung (oben $ 116 S. 449), führt also die Geschäfte des Kreises als
Selbstverwaltun körper, ist aber Beamter des Staates; die Mitglieder des
Vorstands der Versicherungsanstalten (RVO $ 1:43) sind nicht Beamte der
Anstalt, sondern Beamte des Gemeindeverbandes oder Staates, für den die
Anstalt errichtet ist: der mit der kommissarischen Verwaltung einer städti-
schen Magistratsstelle beauftragte Stautsbeamte (PrStO vom 30. Mai 1853
$& 33 Abs. 4—6) bleibt auch in dieser seiner kommunalen Stellung Staats-
beamter; die Mitglieder der höheren Behörden der evangelischen Landes-
kirche (Oberkirchenrat, Konsistorien) sind in Preußen unmittelbare Staats-
beamte (Anschütz, PrVerf 1322ff.), obwohl ihr Amt kein staatliches, sondern
ein kirchliches ist.
8 So: Laband 1 4438, die Voraufl. 502 Anm. 1.
h Darauf ist hingewiesen bei Anschütz, PrVerf 1 427; Preuß, Städt.
Amtsrecht 208 ff.; Brand, BR 25, 26; v. Rheinbaben a. a. O. 27.
i Reichsbeamte, die von den Landesregierungen angestellt werden: die
in Art.50 Abs. 5 RV bezeichneten Post- und Telegraphenbeamten (Perels und
Spilling a.a. O.8ff., a. M. Laband 1445), dıe Mitglieder des bayerischen Senates
des Reichsmilitärgerichts (so auch Laband 443 N. 2). Gemeindebeamte, die
vom Staate ernannt werden: die Landbürgermeister in der Rheinprovinz
RheinKrO vom 380. Mai 1887 8 24), der Erste Bürgermeister von Frank-
rt a. M. (GVG für Frankfurt a. M. vom 25. März 1867 8 40).