Die Organe. $ 14. 585
werden. Die Einwilligung ist Voraussetzung nicht sowohl der
Zulässigkeit als der Gültigkeit des Anstellungsaktes: die ohne
oder gegen den Willen des Beteiligten vollzogene Anstellung ist
ungültig. Die Ungültigkeit wird geheilt durch nachträgliche Ein-
willigung, welche wiederum sowohl ausdrücklich als auch still-
schweigend erklärt werden kann. Die Ungültigkeit ist nicht ab-
solute Nichtigkeit®e, sondern Vernichtbarkeit: der ohne seine
Einwilligung Angestellte ist trotzdem Beamter geworden und bleibt
es bis zur Vernichtung der Anstellung. Die Vernichtung ist ein
Widerruf mit Wirkung ex tunc, zu dessen Vornahme die zu-
ständige Stelle auf Antrag des Angestellten, wie auch von Amts-
wegen berechtigt und verpflichtet ist.)
b) Vollbesitz der bürgerlichen Ehre. Reichsgesetz-
lich ausgeschlossen ist die Anstellung solcher Personen, welche
mit Zuchthaus bestraft, und denen zur Zeit die bürgerlichen Ehren-
rechte entzogen sind!%, Aber auch bloß bescholtene Personen
werden nach den in allen deutschen Staaten übereinstimmend an-
genommenen Grundsätzen zur Bekleidung öffentlicher Amter nicht
zugelassen f.
c) Nachweis der erforderlichen Befähigung. Ein
solcher wird von allen denjenigen Beamten gefordert, deren
Tätigkeit eine höhere wissenschaftliche Bildung voraussetzt. Die
Vorbedingungen ihrer Anstellung sind: Universitätsstudium, Be-
stehen gewisser Staatsprüfungen und Vorbereitung im praktischen
Dienste. Für die richterlichen Beamten, die Reichs- und
Staatsanwälte hat das RGVG gemeinrechtliche Vorschriften auf-
gestellt!!. Die Bestimmungen über die Vorbildung der Ver-
e O. Mayer a. a. OÖ, 222; Preuß, Städt. Amtsrecht 97; Bornhak, PrStR
2 33, 34; Kormann, System der rechtsgeschäftlichen Staatsakten 314 ff.
ıı RStGB 83 81 und %.
f Doch ist „Bescholtenheit“ in diesem Sinne kein Anstellungshindernis.
1! RGVG SS 2-5und 149. Erfordert wird: 1. ein dreijähriges Studium
der Rechtswissenschaft, von welcher Zeit drei Semester auf einer deutschen
Universität zuzubringen sind; 2, eine erste Staatsprüfung; 3. eine praktische
Vorbereitungszeit von drei Jahren, welche im Dienste bei Rechtsanwälten und
Gerichten zu verwenden ist, auch zum Teil bei der Staatsanwaltschaft verwendet
werden kann; 4. eine zweite Staatsprüfung. Durch Landesgesetzgebung kann
der für das Universitätsstudium oder für den Vorbereitungsdienst bestimmte
Zeitraum verlängert oder bestimmt werden, daß ein Teil der Vorbereitungszeit,
jedoch höchstens ein Jahr, im Dienste bei Verwaltungsbehörden verwendet
werden muß oder darf. Das Reichsgesetz stellt also nicht Minimalforderungen
für die Vorbildung der Richter auf, sondern nimmt eine vollständige Regelung
derselben vor; es bestimmt ausdrücklich, wie weit die Einzelstaaten von den Vor-
schriften desselben abweichen dürfen. Demnach ist die Landesgesetzgebung
nicht berechtigt, eine Zwischenprüfung während der Studienzeit einzuführen,
und die bayrısche V. vom 3. Mai 1897, welche dies tut, befindet sich mit
dem Reichsrecht nicht im Einklang. [Die Zwischenprüfung ist jetzt erogelt
durch die AHV vom 4. Juli 1899, dazu Min.-Bek. vom 6. Juli 1888. gl.
Kipp, DJZ 1901 103.] — Das RGVG bestimmt ferner, daß, wer in
einem Bundesstaate die erste Prüfung bestanden hat, in jedem andern
Bundesstaate zur Vorbereitung und zur zweiten Prüfung zugelassen werden